Ideenschmiede für die Inklusion in der Kommune

Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Wappen von Nordrhein-Westfalen
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Bild: Public Domain

Siegen (kobinet) Die Städte und Gemeinden haben nach Auffassung des nordrhein-westfälischen Sozialministers Guntram Schneider eine Schlüsselfunktion bei der Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Dies betonte der Minister beim Besuch der Universität Siegen. Das dortige Zentrum für Planung und Evaluation Sozialer Dienste (ZPE) sei mit seinen vielfältigen Forschungsprojekten eine "Ideenschmiede" für die kommunale Umsetzung der Inklusion.

"Im ganz konkreten Lebensumfeld entscheidet sich, ob Menschen mit Behinderungen vor Barrieren stehen, oder echte Teilhabechancen haben", so Guntram Schneider. Ganz aktuell arbeite das ZPE im Auftrag der nordrhein-westfälischen Landesregierung an einer Arbeitshilfe für die Kommunen. Minister Schneider: "Wir wollen den Verantwortlichen in Städten und Gemeinden konkrete Empfehlungen geben, wie sie die Inklusion von Menschen mit Behinderungen vor Ort verwirklichen können.“ Dieses Projekt "Inklusive Gemeinwesen planen" solle dabei helfen, die Anforderungen der UN-Behindertenrechtskon­vention in der kommunalen Praxis umzusetzen, sagte der Minister.

Hierbei werden auch Erfahrungen einfließen, die die Stadt Wetter bereits mit ihrem Projekt „Menschengerechte Stadt Wetter“ sammeln konnte. Dort wurde im Mai ein Aktionsplan vorgelegt, der von einem breiten Bündnis aus Bürgergesellschaft, Behindertenbeirat und der Stadt erarbeitet worden ist – unter Begleitung der Uni Siegen und gefördert vom nordrhein-westfälischen Landessozialministerium. Die Maßnahmen reichen vom Internetportal "Barrierefreier Wohnraum" über eine inklusive Bildungsberatungsstelle bis hin zu einem Führer für barrierefreie Freizeit-, Kultur- und Sportangebote. Guntram Schneider erklärte dazu: "Als Arbeitsminister freut es mich ganz besonders, dass in Wetter ein Unternehmerforum gegründet werden soll, wo man sich regelmäßig darüber austauscht, wie Menschen mit besonderem Unterstützungsbedarf auf dem ersten Arbeitsmarkt beschäftigt werden können. In Wetter hat man also schon eindrucksvoll gezeigt, wie Inklusion in der kommunalen Praxis funktionieren kann."

Die nordrhein-westfälische Landesregierung hat ihren Aktionsplan "Eine Gesellschaft für alle – NRW inklusiv" im vergangenen Sommer vorgelegt. Mit mehr als 100 Maßnahmen aus allen politischen Handlungsfeldern sollen die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention auf Landesebene umgesetzt werden. "Vor allem aber brauchen wir eine neue Kultur inklusiven Denkens und Handelns. Wir müssen nicht nur bauliche Barrieren abbauen, sondern vor allem die Barrieren in den Köpfen. In einer Gesellschaft für alle müssen alle Menschen, ob mit oder ohne Behinderung, ganz selbstverständlich in allen Lebensbereichen teilhaben können – sei es in der Ausbildung, der Arbeit, dem Wohnen oder in der Freizeit", erklärte Guntram Schneider.

Lesermeinungen zu “Ideenschmiede für die Inklusion in der Kommune” (4)

Von Uwe Heineker

Wenn es schon eine sogenannte "Ideenschmiede" für die kommunale Umsetzung der Inklusion geben soll, warum macht sich ein solches Forschungszentrum nicht einmal die Mühe, sich einmal mit jenen Personenkreis zu befassen, die in der ganzen Diskussion "vergessen" werden, also Menschen mit mehrfachen Schwerstbehinderungen, die keinerlei regulärer Erwerbstätigkeit nachgehen können?

Von Gisela Maubach

Heute erfährt man in einer Pressemitteilung, dass in NRW als Zielvorgabe bis zum Schuljahr 2016/17 eine "Inklusionsquote" von 65 Prozent erreicht werden soll.

Was bitte schön ist eine "Inklusionsquote"?

Nach diversen Inklusionsveranstaltungen, bei denen immer sehr anschaulich der Unterschied zwischen Integration und Inklusion beschrieben wurde, bin ich für mich zu dem Ergebnis gekommen, dass Inklusion entweder ganz oder gar nicht existieren kann.

Aber sollte jemand den Begriff "Inklusionsquote" erklären können, wäre es sehr hilfreich, wenn man dann auch noch erfahren würde, wie man diejenigen nennen könnte, die man auf Dauer außerhalb dieser Quote belässt.

Von Uwe Heineker

Frau Gisela Maubuch legt mit ihren Leserbriefbeitrag den Finger in die offene Wunde der sogenannten Inklusionsdiskussion.

Recht hat sie!

Nun sind sowohl Minister Schneider als auch der Landesbehindertenbeauftragte Killewald gefordert und in die Pflicht genommen, Farbe zu bekennen, endlich hierzu klar Stellung zu beziehen und Wege aufzuzeigen, wie wirkliche Inklusion für diesen "vergessenen" Personenkreis vollzogen werden kann - ansonsten ist und bleibt die vielbeschworene Inklusion eine Mogelpackung!

Von Gisela Maubach

"Wir wollen den Verantwortlichen in Städten und Gemeinden konkrete Empfehlungen geben, wie sie die Inklusion von Menschen mit Behinderungen vor Ort verwirklichen können.“

Inklusion in NRW KANN (!) gar nicht verwirklicht werden, solange die Tagesstruktur von schwerstbehinderten - arbeitsunfähigen - Menschen über Eingliederungshilfe als Teilhabe am Arbeitsleben finanziert wird.
Wenn das Persönliche Budget nämlich genau deshalb nicht in Anspruch genommen werden kann, weil wegen der Schwere der Behinderung in Wirklichkeit eben keine Arbeit geleistet werden kann, handelt es sich für diese Menschen um eine Einbahnstraße in Richtung Werkstätten, die ihre Schwerstbehinderten-Gruppen dann so groß gestalten können wie sie wollen. Und mangels Alternative müssen die pflegenden Angehörigen auch noch dankbar sein, überhaupt einen "Platz" in so einer riesigen Schwerstbehinderten-Gruppe zu haben, weil sie ansonsten auch für die gesamte Tagesstruktur selbst sorgen müssten und keiner eigenen Erwerbstätigkeit nachgehen könnten.
Solange in NRW keine Alternative zu riesigen Schwerstbehinderten-Gruppen in den Werkstätten möglich ist, können selbst die engagiertesten Verantwortlichen in Städten und Gemeinden niemals Inklusion verwirklichen!
Wir brauchen in der Tat eine neue Kultur inklusiven Denkens und Handelns - und zwar so eine, in der man auch an die Tagesabläufe derjenigen Menschen denkt, die wegen des Ausmaßes ihrer Behinderung keinerlei wirtschaftlich verwertbare Arbeit leisten können!