Zur Inklusion gehört respektvoller Umgang

Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

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Bild: domain public

Frankfurt (kobinet) Ist es okay, sich von einer blinden Frau mit "Auf Wiedersehen" zu verabschieden? Wie bietet man einem Mann im Rollstuhl Unterstützung an, ohne aufdringlich zu sein? Um solche Unsicherheiten auszuräumen, hat der Deutsche Knigge-Rat jetzt zehn Tipps für den respektvollen Umgang mit Menschen mit Behinderungen herausgegeben. Fachkundig beraten wurde er bei der Zusammenstellung dieser Benimm-Regeln von Katja Lüke, die beim PARITÄTISCHEN Wohlfahrtsverband Hessen verantwortlich ist für das Schwerpunktthema Inklusion.

Jetzt hat der PARITÄTISCHE Hessen die Knigge-Tipps als Broschüre herausgegeben. Möglich wurde diese Veröffentlichung durch die Unterstützung der Glücksspirale. "Nichtbehinderte sind im Umgang mit Menschen mit Behinderungen oftmals selbst blind, taub und unbeholfen. Sie reduzieren den Menschen allein auf dessen Beeinträchtigung. Plumpe Neugier, bestürztes Mitleid und bevormundende Hilfsbereitschaft sind oftmals die Folgen. Was vielleicht gut gemeint war, ist letztlich verletzend oder diskriminierend", berichtet Katja Lüke.

So ist es im Small Talk tabu, den Gesprächspartner zu fragen, warum und seit wann er eine Behinderung hat. Und auch blinde Menschen spüren, wenn sie angestarrt werden. Unhöflich ist es zudem, Menschen mit Behinderungen in der Anrede zu übergehen und stattdessen nur mit der Begleitperson zu sprechen. "Die Behinderung ist nur ein Merkmal von vielen. Begreifen Sie Andersartigkeit nicht als Makel, sondern als Vielseitigkeit", sagt Katja Lüke. Eine Bemerkung wie "Wie toll, dass Sie trotz Ihrer Behinderung mobil sind" ist genauso unpassend wie "Für eine Frau können Sie aber gut Auto fahren." Und Rául Krauthausen betont: "Es nervt mich, wenn andere Leute denken, ich würde leiden und hätte es ja so schwer im Leben." Der Träger des Bundesverdienstkreuzes und Rollstuhlfahrer hat die Internetseite Leidmedien.de mitbegründet, die Tipps für die Berichterstattung über Menschen mit Behinderungen gibt.

Sprachliche Sorgfalt ist nicht nur in den Medien gefragt, sondern auch im Alltag. So gehört es zu den Knigge-Tipps, dass erwachsene Menschen gesiezt werden, egal ob sie eine Behinderung haben oder nicht. Gehörlose Menschen sollte man nicht als taubstumm bezeichnen, denn sie kommunizieren über die Gebärdensprache. Hartnäckig hält sich auch der Begriff "Mongolismus", der keine Diagnose ist, sondern eine Diskriminierung. Richtig heißt es "Down-Syndrom" oder "Trisomie 21".  

Keine Hemmung braucht man im Umgang mit Menschen mit Behinderungen vor gewohnten Redewendungen zu haben. Zu einer blinden Frau darf man also ruhig "Auf Wiedersehen" sagen. Und der Rollstuhlfahrer stört sich in der Regel nicht daran, wenn man ihn fragt, ob er mit "spazieren gehen" möchte. Generell ist es höflich, Hilfe anzubieten, so ein weiterer Knigge-Tipp. Zu Höflichkeit gehört es aber auch, geduldig auf die Antwort zu warten und es freundlich zu akzeptieren, wenn jemand die Hilfe ablehnt. Denn andernfalls kann aus Hilfsbereitschaft schnell ein Übergriff werden.

Die zehn Tipps für den respektvollen Umgang mit Menschen mit Behinderungen stehen als pdf-Dokument zum Download bereit auf der Internet-Seite des PARITÄTISCHEN Hessen (www.paritaet-hessen.org).