Bewusstsein zum Thema Assistenz bilden

Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Porträt von Dr. Corina Zolle
Porträt von Dr. Corina Zolle
Bild: omp

Kassel (kobinet) Vor wenigen Tagen berichteten die kobinet-nachrichten über die Gründung des Netzwerks für Inklusion, Teilhabe, Selbstbestimmung und Assistenz, kurz NITSA. kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul sprach mit Dr. Corina Zolle und Jens Merkel, die beide dem NITSA-Vorstand angehören, über die Ziele des Vereins und wie diese verwirklicht werden sollen.

kobinet-nachrichten: Wie wir aus Ihrer Mitteilung zur Vereinsgründung erfahren durften, beabsichtigen Sie, sich vor allem der politischen Arbeit zu widmen. Welche Ziele verfolgt der Verein konkret?

Jens Merkel: NITSA ist ein Zusammenschluss von Menschen, die aktiv den politischen Prozess der Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung begleiten wollen. Schwerpunkt unserer Arbeit ist die Erlangung der vollen und wirksamen Teilhabe, basierend auf dem Modell der Assistenz. Die Bewusstseinsbildung für die Belange von Menschen mit Assistenzbedarf ist dabei die Grundlage, um die in der UN-Behindertenrechtskonvention geforderte Inklusion zu verwirklichen.

kobinet-nachrichten: Mit der Erlangung der vollen und wirksamen Teilhabe für Menschen mit Assistenzbedarf haben Sie sich eine gewaltige Aufgabe vorgenommen. Wie wollen Sie dieses Ziel erreichen?

Dr. Corina Zolle: Assistenz ist ein weites Feld und dabei haben wir es mit sehr unterschiedlichen Menschen zu tun. Es gibt Menschen mit Assistenzbedarf, die über alle Kompetenzen verfügen, um zum Beispiel die eigene Assistenz im Arbeitgebermodell zu organisieren. Es gibt aber auch viele Menschen, die notwendige Kompetenzen, wie zum Beispiel zur Gehaltsabrechnung, Mitarbeitersuche und Dienstplangestaltung nur teilweise oder überhaupt nicht ausfüllen können oder vielleicht auch wollen. Im ersten Fall ist oftmals das sogenannte Teilhabe-Management oder Case-Management für die Betroffenen die Lösung. Im Letzteren kann mit Hilfe der advokatorischen Assistenz der/dem AssistenznehmerIn diese Unterstützung gegeben werden, um Selbstbestimmung und Teilhabe so weit wie möglich umzusetzen. Darüber hinaus erleben Menschen mit Assistenzbedarf vielfältige Einschränkungen hinsichtlich der wirksamen Teilhabe. So müssen Menschen mit Assistenzbedarf immer noch um die freie Wahl der Wohnform und des Wohnorts kämpfen oder werden zum Einsatz eigenen Einkommens und Vermögens zur Finanzierung ihrer Assistenz gezwungen.

kobinet-nachrichten: Da steht einiges auf der Agenda. Und Sie glauben alle diese Themen gleichzeitig bearbeiten zu können?

Dr. Corina Zolle: Es versteht sich von selbst, dass der Vorstand nicht alle Aufgaben alleine erfüllen kann und dass wir aus persönlicher Lebenserfahrung auch nicht allen Menschen in gleicher Weise helfen können. Das würde obendrein dem Prinzip des Peer Counseling widersprechen. Daher versteht sich NITSA als Plattform für Einzelpersonen und Organisationen, die sich für die Interessen und Rechte der Menschen mit Assistenzbedarf einsetzen wollen. Dabei beabsichtigen wir, die individuellen Fähigkeiten und Kenntnisse unserer Mitglieder auch für unsere politische Arbeit zu nutzen und durch Vernetzung anderen Menschen mit Assistenzbedarf zugänglich zu machen.

kobinet-nachrichten: Sie wünschen also ausdrücklich die Mitarbeit von Menschen mit Behinderungen. Auch die von Menschen ohne Behinderung?

Jens Merkel: Selbstverständlich! So funktioniert Inklusion. Wer etwas zum Thema Assistenz beitragen kann - sei es im Bereich der Beratung, durch politische Arbeit durch Kontakte usw. -, ist herzlich willkommen bei NITSA.

kobinet-nachrichten: Vielen Dank für das Gespräch.