Kein Veto aus Bayern

Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Wappen von Bayern
Wappen von Bayern
Bild: Public Domain

München (kobinet) Den VbA Selbstbestimmt Leben erreichte gestern ein Brief des Landtagsabgeordneten Joachim Unterländer, Vorsitzender und Sprecher des Ausschusses für Arbeit und Soziales im bayerischen Landtag. Darin wird ausgeführt, dass mit den bereits getroffenen Kompromissen zum Bundesteilhabegesetz kein Veto aus Bayern kommen wird.

Die vom bayerischen Ausschuss für Soziales eingebrachten Einwände, zum Beispiel "bei den Freibeträgen beim Vermögen und Arbeitseinkommen, sowie bei den Regelungen zum Wunsch- und Wahlrecht im Hinblick auf die Realisierung des Selbstbestimmungsrechts nicht nur bei den Leistungen der Eingliederungshilfe“ hätten bei Beratungen im Deutschen Bundestag und mit der Zustimmung der Bundesländer parteiübergreifend zu Verbesserungen geführt. Ein Veto würde dieses Ergebnis und die guten Bestrebungen diese Verbesserungen herbeizuführen gefährden.

"Es kommt nunmehr darauf an, dass im Falle der Zustimmung zum Gesetzentwurf durch Bundestag und Bundesrat im kommenden Jahr das Ausführungsgesetz zu den Sozialgesetzbüchern im Sinne der Ziele des Bundesteilhabegesetzes geändert werden muss", schreibt Joachim Unterländer weiter. "Sie werden dabei von der Staatsregierung in den Dialogprozess, wie beim Gesetzgebungsverfahren auch, einbezogen. Wir werden dies ebenfalls entsprechend unterstützen."

Somit steht fest, dass es nun am 16. Dezember im Bundesrat von bayerischer Seite kein Veto gegen das Bundesteilhabegesetz geben wird. Der VbA-Selbstbestimmt Leben bedauert diese Entscheidung. Die angesprochenen Verbesserungen reichen bei weitem nicht aus, um die Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderung zu garantieren und die UN-Behindertenrechtskonvention, insbesondere den Artikel 19, in deutsches Recht umzusetzen. Auch die Regelung bezüglich der Teilhabeleistungen für Menschen mit Behinderung, die ein Ehrenamt ausüben oder ausüben wollen, sieht der Münchner Verein sehr kritisch. Von einem Paradigmenwechsel Teilhabeleistungen aus der Fürsorge herauszunehmen könne überhaupt keine Rede sein. "Solange Menschen mit Behinderung, die ein Recht auf Leistungen haben, von Sachbearbeitern hinsichtlich ihres Vermögens, ihres Einkommens und von deren Ermessensräumen und Zumutbarkeitsklauseln frei beurteilt werden, so lange werden wir für ein anderes Bundesteilhabegesetz streiten und kämpfen", meint Andreas Vega, Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes des VbA-Selbstbestimmt Leben.

Lesermeinungen zu “Kein Veto aus Bayern” (7)

Von versteh_gar_nix_mehr

Habe ich jemals was anderes gesagt als das auf die Bayern kein Verlass ist und wer an Frau Müller glaubt und sich verlässt, der ist verlassen.

Von Ulrike

@ Fueller

Ja, ich habe es gelesen. Schlimm wie sich die Politiker aller Coleur nun auf die Schultern klopfen, dass man das Gesetz (BTHG) gerettet habe beweihrauchen sich z.B. die Grünen, obwohl diese am 01.12.16 im Bundesrat sich zum BTHG enthalten haben.Egal wiviel Kohle vom Bund kommt in den nächsten Jahre, das wenigste wird bei den Betroffenen in den Landkreisen und Kommunen tatsächlich von ankommen, befürchte ich.

Von FMueller

Leider wird es auch von Baden-Württemberg im Bundesrat kein Veto gegen das Bundesteilhabegesetz geben! Dies wurde spätestens bei der gestrigen Debatte im Landtag in Stuttgart deutlich.

Von Ulrike

Eigentlich müssten die Behindertenselbsthilfeverbände zukünftig in jedem Einzelfall wo es z.B. um Abschiebung ins Heim geht, wegen zu hoher Assistenzkosten, dann mit Mikrofon und Kamera, den betroffenen behinderten Mensch begleiten. Aber da alle ehrenamtlich unterwegs sind, wird es das leider nie geben können.

Von Ulrike

Und: Wir von Behinderung betroffene Menschen bleiben leider nach wie vor Opfer von Föderalismusreform I in 2006. Es mag zwar bei den Leistungen der Eingliederungshilfe ein Selbstbestimmungsrecht geben, aber wie Sozialministerium in Flächenländer über den Sozialhilfeträger umsetzen lässt, müssen wir Betroffene uns weiterhin auf gerichtlichem Weg nach wie vor erstreiten. Es bleibt festzuhalten, dass es an unserem Geschick liegt, wie wir Eingliederungshilfeanträge vorm Sozialhilfeträger im Einzelfall begründen.---Die Sozialämter werden wohl in 2017 noch mehr von oben, ganz oben, dazu angehalten sein, abzulehnen, was nur irgendwie geht, weil es lange keine Rechtssprechung zum Bundessozialgericht hoch zum neuen BTHG geben wird. Wir müssen uns also warm anziehen, kämpfen bis zum Umfallen.

Von Ulrike

Die Sozialämter und Sozialministerien in den Flächenländern haben seit Bundessozialhilfegesetz in den 60gern die Macht über behinderte Menschen. Der Aktionsplan 2015 zur Umsetzung der UN-BRK im Saarland beschreibt z.B. genau wo die Reise mit dem BTHG hingeht.---Alle folgenden Aktionspläne der Flächenländern, also insgesamt 16 können sehr unterschiedlich ausfallen und je nach dem in welchem Bundesland man lebt, wird man dann bestimmte Eingliederungshilfeleistungen bewilligt bekommen oder eben auch nicht. Zudem muss man Glück haben an einen Sozialgerichtsrichter zu geraten, der überhaupt gewillt ist UN-BRK nah für behinderte Menschen zu entscheiden. So siehts aus. Das ganze ist seit 2003 ein Prozess, alles steht noch in den Sternen für den einzelnen von Behinderung betroffenen Menschen, leider. Darum kämpfe weiter, wer kann.

Von Gisela Maubach

Zitat aus dem Beitrag:

" . . . sowie bei den Regelungen zum Wunsch- und Wahlrecht im Hinblick auf die Realisierung des Selbstbestimmungsrechts nicht nur bei den Leistungen der Eingliederungshilfe . . . "

Zitat-Ende

nicht nur???

Selbstbestimmungsrecht bei den Leistungen der Eingliederungshilfe????

Diese Sichtweise ist das Ergebnis von einseitiger Interessenvertretung.

Wenn es bei der Eingliederungshilfe tatsächlich ein Selbstbestimmungsrecht geben würde, dürfte der Absatz 2 in § 102 nicht existieren!!!!!
Im Absatz 1 sind nämlich die unterschiedlichen Arten der Eingliederungshilfe aufgelistet, und Absatz 2 sagt aus, dass Soziale Teilhabe nachrangig ist gegenüber den anderen 3 Arten der Eingliederungshilfe - u.a. Teilhabe am Arbeitsleben.

Bei arbeitsfähigen Menschen ist es ja nachvollziehbar, dass sie - wie nicht-behinderte Menschen auch - einen Arbeitsbeitrag zu erbringen haben, um Anspruch auf Sozialleistungen zu haben.

Aber diejenigen Menschen, die keine Chance haben, die Werkstatt in Richtung Arbeitsmarkt zu verlassen, müssen aufgrund dieser Vorrangigkeit die Sondereinrichtung Werkstatt "besuchen" und sind von Inklusion ausgeschlossen!

Wer also behauptet, dass es bei den Leistungen der Eingliederungshilfe ein Selbstbestimmungsrecht geben würde, setzt wissend oder unwissend (beides wäre nicht akzeptabel) eine Lüge in die Welt!