Alle Menschen mit Behinderung sollen wählen dürfen

Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

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Bild: Lebenshilfe

Berlin (kobinet) Der Innenausschuss des Deutschen Bundestages beschäftigt sich am 3. Juni in einer öffentlichen Anhörung mit dem Wahlrecht von Menschen mit Behinderung. Die Bundesvereinigung Lebenshilfe kritisiert in diesem Zusammenhang, dass die Bundesregierung bei bestehenden Wahlgesetzen den immer noch rechtlich verankerten Wahlrechtsausschluss von Menschen mit Behinderungen, für die ein Betreuer "zur Besorgung aller Angelegenheiten" bestellt ist, bislang unangetastet lässt.

Diese Regelung im Bundeswahlgesetz und Europawahlgesetz hält nach Ansicht der Bundesvereinigung Lebenshilfe einer verfassungsrechtlichen Prüfung nicht mehr stand und verstößt gegen Menschenrechte.  Der Wahlrechtsausschluss müsse daher in beiden Gesetzen gestrichen werden. Hierauf weisen die Lebenshilfe, das Deutsche Institut für Menschenrechte und eine Vielzahl anderer Verbände bereits seit Monaten hin.

Die Opposition hat nun das Thema aufgegriffen: Auf der Tagesordnung des Innenausschusses stehen ein Gesetzentwurf der Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention im Wahlrecht (Drucksache 17/12068) und ein SPD-Antrag zur Verbesserungen des Wahlrechts von Menschen mit Behinderungen und Analphabeten (Drucksache 17/12380). Der Gesetzentwurf der Grünen sieht die Streichung des problematischen Wahlrechtsausschlusses vor. Die SPD geht mit ihrem Antrag in die gleiche Richtung und fordert zudem, dass die besonderen Bedürfnisse von Analphabeten berücksichtigt werden.

Die Bundesvorsitzende der Lebenshilfe und frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt bekräftigt einmal mehr, dass der bestehende Wahlrechtsausschluss aufgehoben werden müsse. "Die aus den 60er Jahren stammende Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zum Wahlrechtsausschluss ist überholt. Das geltende Betreuungsrecht entmündigt niemanden mehr. Menschen mit Behinderungen sind unsere Mitbürger und haben ein Recht auf Teilhabe am politischen Leben. Dies garantiert ihnen Artikel 29 der UN-Behindertenrechtskonvention", so Ulla Schmidt.

Sowohl der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte als auch der Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen haben festgestellt, dass ein an generalisierende Kriterien geknüpfter Wahlrechtsausschluss von Menschen mit Behinderungen nicht mit dem Völkerrecht zu vereinbaren ist. Europäische Nachbarstaaten wie Österreich, Großbritannien und die Niederlande verzichten ebenfalls auf solche Ausschlussklauseln.

Link zur Stellungnahme der Lebenshilfe zur Anhörung im Innenausschuss des Deutschen Bundestages

Informationen zum Wahlrechtsausschluss in Leichter Sprache im Beitrag zum Parlamentarischen Abend der Lebenshilfe im Jahr 2013

Lesermeinungen zu “Alle Menschen mit Behinderung sollen wählen dürfen” (5)

Von papacfish

Ungarische Verhältnisse?
In Ungarn soll das Wahlrecht für Menschen mit Lernschwierigkeiten und psychisch behinderte Menschen eingeschränkt werden. Da sollte Deutschland eigentlich andere Zeichen setzen. Leider haben es die Menschenrechte schwer.

Von behindertenrecht

D.h. nach SGB etc.. werden Betreute nicht als Rechtssubjekt anerkannt,weil deren Unterschrift - anders als bei der Beschwerde nach Betreuungsgesetz - nicht ankerkannt wird .

Von behindertenrecht

Das das geltende Betreuungsrecht niemanden mehr entmüdigt,bzw. entmüdigen darf , erschließt sich vorallem daraus , daß dieses Gesetz das einzigste Gesetz ist, bei dem gesetzlich verankert ist, daß jeder Betreute - als Betroffener - trotz Betreuung , ein eigenes Beschwerderecht hat . Die Praxis sieht aber leider anders aus, was auch nicht verwundlich ist, solange Betreuer sogar in das Besuchsrecht, Telefonrecht etc.. des Betreuten eingreifen .
Beim SGB , wo es vorallem um die persönlichen Hilfen für den Betreuten geht,ist kein Beschwerderecht für Betreute gesetzlich verankert . Ebenso bei der Krankenkasse, wo es um die persönliche Behandlung des Betreuten geht .
Der Rechtsausschluss Betreuter ist bereits enorm und wird fast ausschließlich mit dem Wohl begründet, ohne das dem Betreuten vertraute persönliche Assistenz zur Verfügung steht um inklusive Teilnahme und Selbstbestimmung zu garantieren .
Ein Gesetz, wie das Wahlrechtsgesetz, das sogar den Rechtsausschluss Betreuter gesetzlich verankert hat, ist daher besonders diskriminierend .

Von Pollis

Ich finde es auch sehr wichtig das wählen auch die Menschen die in eine Große Einrichtigung Leben wählen dürfen.
wenn ich leute An spreche wart ihr mal wählen höre ich nur welches wählen darum bitte ich dem Wohnbeirat und den Elternbeirat damit rauf zu passen das alle Wählen gehen dürfen.

danke an euch alle ich habe diese Mail Herr Röse von kassel weiter geschickt.

eure Petra aus Kassel

Von Inge Rosenberger

Ich stimme mit den Ansichten der Lebenshilfe überein, dass _alle_ Menschen ein Wahlrecht haben müssen.

Mindestens genau so energisch sollte die Lebenshilfe allerdings auch auf viele ihrer eigenen Verbände einwirken, damit diese in ihren Einrichtungen die Menschen nicht nach Art und Schwere der Behinderung sortieren!