Teilhabeleistungsgesetz hat hohen Stellenwert bei den Grünen
Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul
Berlin (kobinet) Am Wochenende stimmen die Mitglieder von Bündnis 90/Die Grünen über die Schlüsselprojekte ab, die im Falle einer Regierungsbeteiligung der Grünen vorrangig verfolgt werden sollen. kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul sprach im Vorfeld der Abstimmung mit dem behindertenpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen Markus Kurth über den Stellenwert der Behindertenpolitik in der Partei und die Ziele für ein Teilhabeleistungsgesetz.
kobinet-nachrichten: Die Grünen haben mit der Abstimmung über Schlüsselprojekte für eine mögliche Regierungsbeteiligung einen neuen Weg der Beteiligung eingeschlagen. Spielt dabei die Behindertenpolitik auch eine Rolle und in wieweit sind behinderte Menschen selbst daran beteiligt?
Markus Kurth: Selbstverständlich spielt die Behindertenpolitik eine Rolle. Wir Grüne setzen uns für eine inklusive Gesellschaft ein, in der alle gleichberechtigt teilhaben können. Das spiegelt sich auch in unseren Strukturen wider. Ganz wichtig ist dabei die Bundesarbeitsgemeinschaft Behindertenpolitik (BAG): Hier organisieren sich behinderte Menschen in der Partei, diskutieren behindertenpolitische Schwerpunkte und stimmen Positionen ab. Die BAG hat sich auch erfolgreich dafür stark gemacht, dass sich unter den Schlüsselprojekten eines zum Thema Teilhabe von Menschen mit Behinderungen findet. Link zum Schlüsselprojekt
kobinet-nachrichten: Bei den Mitgliedern der Grünen scheint dieses Schlüsselprojekt unter dem Motto „Inklusives Gemeinwesen voranbringen – Teilhabe sicherstellen" gut anzukommen, zumindest hat es bisher im Bereich „Gerechtigkeit" die meisten Argumente. Worum geht es dabei genau?
Markus Kurth: Menschen mit Behinderungen sollen selbstbestimmt und gleichberechtigt leben können. Leider gibt es noch immer zahlreiche Barrieren, die das verhindern. Ein großes Problem besteht darin, dass Leistungen zur Teilhabe für viele behinderte Menschen vom Sozialhilfeträger finanziert werden. Das führt dazu, dass Einkommen und Vermögen auf die Leistungen angerechnet werden. Wir möchten ein Teilhabeleistungsgesetz auf den Weg bringen, bei dem die Unterstützungsleistungen aus der Sozialhilfe gelöst werden und der Kostenvorbehalt sowie die Einkommens- und Vermögensabhängigkeit gestrichen werden. Wir treten auch dafür ein, dass der Bund sich im Rahmen der gesamtgesellschaftlichen Verantwortung an den Kosten für die Eingliederungshilfe beteiligt. Bedingung dafür ist, dass sich die Strukturen so verändern, dass sich die Leistungen in erster Linie an den Bedarfen der Personen orientieren, die sie benötigen.
kobinet-nachrichten: Wie schätzt du die Chancen ein, dass das Projekt bei der Mitgliederabstimmung am kommenden Wochenende unter die ersten neun Topprojekte gewählt werden, die in der neuen Legislatur bei einer Regierungsbeteiligung vorrangig umgesetzt werden sollen?
Markus Kurth: Ich mache mich natürlich dafür stark, dass dieses Schlüsselprojekt einen guten Platz ergattert. Wir haben in den letzten Jahren innerhalb der Partei erfolgreich dafür gearbeitet, der Behindertenpolitik eine breite Basis zu geben. Nehmen wir zum Beispiel die Barrierefreiheit: Die muss in allen Politikbereichen zum Thema werden, sonst können wir den Gedanken der Inklusion gleich vergessen. Ob sich die inklusive Gesellschaft unter den Schlüsselprojekten durchsetzen wird, kann ich natürlich nicht voraussagen. Sicher ist nur: Es gibt viele Argumente, die für sie sprechen.
kobinet-nachrichten: Vielen Dank für das Interview.