LINKE für inklusive Infrastruktur
Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Bild: DIE LINKE
Berlin (kobinet) Unterstützung für den Gesetzentwurf des Forums behinderter Juristinnen und Juristen und für eine inklusive Infrastruktur kommt von der Vorsitzenden der Partei DIE LINKE, Katja Kipping. kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul führte mit ihr folgendes Interview.
kobinet-nachrichten: Welche Rolle spielt in Ihrem Wirken als Parteivorsitzende der Partei Die Linke die Behindertenpolitik bzw. welchen Bezug haben Sie zu diesem Thema?
Katja Kipping: Mir ist das Thema Behindertenpolitik sehr wichtig und zu mir kommen oft Menschen mit Behinderungen, die sich über ihre Situation beschweren. So traf ich beispielsweise kürzlich einen jungen Dresdner, der eine Ausbildung als Bürokaufmann absolviert hatte und aufgrund einer Behinderung nur einen Platz in einer Werkstatt fand. Da er dort nur ein geringes Entgelt erhält, bezieht er noch Sozialhilfe. Nach dem Tod seiner Mutter verblieb ihm ein Erbe von 540 Euro, was ihm systembedingt direkt als Einkommen angerechnet und von der Grundsicherung abgezogen wird. Dies ist empörend, da es so oder so ähnlich vielen Menschen mit Behinderungen ergeht.
kobinet-nachrichten: Wie fließen solche Erfahrungen in die Parteiarbeit ein?
Diesen erschütternden Fall habe ich beispielhaft in meiner Parteitagsrede vom 15.06.2013 vorgetragen, um zu zeigen, warum es sich lohnt, für linke Positionen zu streiten. Auf diesem Parteitag haben wir übrigens auch unser Programm für die anstehende Bundestagswahl beschlossen und darin unsere Vorstellungen und Forderungen für eine inklusive Gesellschaft ohne Hindernisse aufgenommen. Wichtige Punkte dabei sind zum Beispiel gute Arbeit, barrierefreie Mobilität, ein inklusives Bildungssystem oder das bundeseinheitliche Teilhabesicherungsgesetz.
Auch als sozialpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion DIE LINKE habe ich die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention eingefordert und am 05.06.2013 der Bundesregierung erneut hinsichtlich ihrer Bemühungen zur Überprüfung der unsäglichen Regelbedarfsstufe 3 im Sinne der Menschen mit Behinderungen auf den Zahn gefühlt – leider ohne Erfolg. Das hier eine Protokollerklärung aus dem Hartz-IV-Vermittlungsausschuss ignoriert wird, das ist ein Skandal.
kobinet-nachrichten: Das Forum behinderter Juristinnen und Juristen hat Anfang Mai 2013 einen Entwurf für ein Gesetz zur Sozialen Teilhabe vorgelegt, durch dessen Verwirklichung u.a. die Anrechnung des Einkommens und Vermögens bei Assistenzleistungen aufgehoben würde. Was halten Sie von diesem Gesetzesentwurf und findet dieser Ihre Unterstützung?
Katja Kipping: DIE LINKE unterstützt diesen Vorschlag, der unter anderem die linke Forderung nach persönlicher Assistenz unabhängig von Einkommen und Vermögen teilt, welche DIE LINKE in ihrem Antrag "Teilhabesicherungsgesetz vorlegen" (Bundestags-Drucksache 17/7889) ebenfalls erhebt. Neben einkommens- und vermögensunabhängigen Teilhabeleistungen werden auch bundesweit einheitliche Kriterien zur Anspruchs- und Bedarfsfeststellung sowie die Errichtung einer flächendeckenden, sozialen wie inklusiv ausgestalteten Infrastruktur und umfassende Barrierefreiheit gefordert. Leider wurde dieser Antrag von CDU/CSU, FDP und den Grünen abgelehnt.
kobinet-nachrichten: Die Teilhabe behinderter Menschen im politischen und gesellschaftlichen Leben ist in vielen Bereichen noch verbesserungsbedürftig. Was tun Sie in Ihrer Partei, um die Mitwirkung behinderter Menschen in der Partei und den Parlamenten zu fördern?
Katja Kipping: DIE LINKE unterstützt die Forderung nach Förderung der politischen Teilhabe sowie Selbstbestimmung und fordert gemäß Artikel 29 (Teilhabe am politischen und öffentlichen Leben) der UN-Behindertenrechtskonvention, dass Menschen mit Behinderungen die politischen Rechte garantiert werden müssen sowie die Möglichkeit, diese gleichberechtigt mit anderen zu genießen. Mit einem Änderungsantrag hat die Bundestagsfraktion DIE LINKE die Streichung von § 13 Nummer 2 und 3 Bundeswahlgesetz gefordert (siehe Beschlussempfehlung zur Änderung des Bundeswahlgesetzes - Bundestagsdrucksache 17/12417), damit auch Menschen ein Wahlrecht haben, die unter "Vollbetreuung" stehen.
Weitere Aktivitäten gibt es auch zur Ermöglichung des aktiven und passiven Wahlrechtes für Menschen mit Behinderungen. Seit 1990 sind in den linken Fraktionen im Bundestag, in Landtagen und in kommunalen Vertretungen zahlreiche Menschen mit unterschiedlichsten Behinderungen aktiv. Auch in der Bundesarbeitsgemeinschaft Selbstbestimmte Behindertenpolitik der Partei DIE LINKE engagieren sich Menschen mit und ohne Behinderungen für eine linke Behindertenpolitik. Die Partei und die Fraktionen DIE LINKE verbessern ihre Angebote, um Veranstaltungen, Publikationen, Internetseiten und eigene Räumlichkeiten barrierefrei anzubieten. Erste Erfolge sind sichtbar, das Thema bleibt aber auch über die Bundestagswahl hinaus eine große Herausforderung.
Im Rahmen der anstehenden Bundestagswahl kandidieren übrigens auch Aktive aus der Behindertenbewegung auf Listenplätzen der Partei DIE LINKE: Gotthilf Lorch (Baden Württemberg), Maik Nothnagel (Thüringen) und Dr. Ilja Seifert (Sachsen).
kobinet-nachrichten: Vielen Dank für das Interview.
Von harle
Hallo Gotthilf Lorch, was schreibst der Öffentlichkeit dazu? Habe hier vor mir liegen das Magazin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestagletzte, die "clara." Nr. 29, 2013. Lese die 84 seitige Broschüre "100% sozial - gestern, immer, morgen - DIE LINKE. IM BUNDESTAG", vom Steuerzahler an die MdBs der Bundestagsfraktion DIE LINKE. bezahlt. Kann darin - in besagter Broschüre - nichts von der Vorsitzeden der Partei DIE LINKE., MdB Katja Kipping, oder von dem behinderten politischen Sprecher der Bundestagsfraktion DIE LINKE., MdB Ilja Seifert, oder vom Spitzenkandidaten der Partei DIE LINKE., von MdB Gregor Gysi, lesen, dass die 75 MdBs der Partei DIE LINKE. "100% sozial" auch für 10 Millionen Menschen mit Behinderungen in Deutschland sind. Die gewährten und nicht gewährten Leistungen nach dem SGB IX, Vorschriften für die Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen in Deutschland, findet in besagter Broschüre keinerlei Erwähnung, bis auf die Mitteilung auf Seite 41, dass der MdB Stefan Liebich einen Scheck von 200,- Euro einem Rollstuhl-Basketball einer Sportgemeinschaft Handicup am 16.11.2012 überreicht hat. Das war's. "Klar", lieber Gotthilf Lorch: Immerhin 200,- Euro ist der Bundestagsfraktion DIE LINKE. dein "ganz dickes Lob an die Parteivorsitzenden (...)" für deren Behindertenpolitik in "clara." Nr. 29/2013 wert für die besagten 10 Millionen...
Von Gotthilf Lorch
An dieser Stelle ist einmal ein ganz dickes Lob an die Vorsitzenden unserer Partei, Katja Kipping und Bernd Riexinger, an unsere Parteiverwaltung und natürlich an unsere Parteiorgane (von ganz oben bis ganz unten) angebracht. Denn sie Alle haben es nicht einfach mit unserer BAG und unseren LAG`en Selbstbestimmte Behindertenpolitik. Denn wir zeigen unsere Probleme an und setzen uns auch oft durch.
Dass wir gehört und auch ernst genommen werden, dass wir unbequem sein dürfen, dass sich spürbar manches zum Besseren verändert – all das macht DIE LINKE so sympathisch. Und deshalb auch ein großes Dankeschön an die Betroffenen (der anderen Seite), die diese Kritik immer wieder aushalten müssen, aufgreifen und schließlich auch positiv umsetzen.
Gotthilf Lorch
Sprecher der LAG Selbstbestimmte Behindertenpolitik der Partei DIE LINKE in Baden-Württemberg und Mitglied im Sprecherrat der übergeordneten Bundesarbeitsgemeinschaft