Betreuungsrecht endlich reformieren

Veröffentlicht am von Franz Schmahl

Markus Kurth traf Vorstand und Geschäftsführung des Bundesverbandes der Berufsbetreuer
Markus Kurth traf Vorstand und Geschäftsführung des Bundesverbandes der Berufsbetreuer
Bild: BdB

Berlin (kobinet) Die Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen unterstützt eine grundlegende Reform mit dem Ziel, Betroffenen höchstmögliche Autonomie und selbstbestimmte Entscheidungsfindung zu ermöglichen. Dies unterstrich ihr Sozial- und Behindertenpolitiker Markus Kurth bei einem Treffen mit Vorstand und Geschäftsführung des Bundesverbandes der Berufsbetreuer/innen in Berlin. Beide stellten gemeinsame Positionen im Blick auf Professionalisierung, gesetzliche Zulassungskriterien und die Vergütungssystematik fest.

„Infolge der sozialen und demografischen Entwicklung steigt die Zahl der Menschen, die Unterstützung bei der Ausübung ihrer Rechts- und Handlungsfähigkeit brauchen. Im Mittelpunkt eines reformierten Betreuungsrecht müssen daher die individuellen Bedürfnisse derjenigen stehen, die auf Betreuung angewiesen sind - und die Qualität der Betreuungsleistung", sagte Kurth. Der Bundesverband der Berufsbetreuer begrüßt das Engagement für eine Reform des Betreuungsrechts.

Der BdB setzt sich seit Jahren für einen Paradigmenwechsel in der Betreuung ein. BdB-Vorsitzender Klaus Förter-Vondey, betonte im Gespräch mit Markus Kurth: „Betreuung ist keine rechtliche Tätigkeit, sie ist eine wertvolle soziale Dienstleistung, die Betroffenen ermöglicht, ihre Leben nach eigenen Maßstäben zu gestalten. Unterstützung bei der Willenserkundung und Entscheidungsfindung, Unterstützung bei der Kommunikation individueller Präferenzen und Entscheidungen gegenüber Dritten, Unterstützung bei der Hilfe- und Zielplanung sowie Auswahl und Koordination geeigneter Maßnahmen erfordern Kompetenzen in der Beratung, in der Sozialdiagnostik und im sozialen Management." Die hohe Verantwortung, die Betreuer/innen übernehmen, erfordert ein hohes Qualitätsniveau.

„Profis sind wichtig, um die Interessen der Menschen zu wahren. Ehrenamtliche und Laien sind oftmals überfordert, wenn es darum geht, Ansprüche ihrer Klienten gegenüber Behörden und Leistungsträgern durchzusetzen", ergänzte Vorstandsmitglied Hennes Göers. Der Verband fordert daher, dass Betreuung unabhängig von der gesetzlichen Vertretung als Teilhabeleistung institutionalisiert und professionell auf sozialarbeits-wissenschaftlicher Grundlage ausgestaltet wird. Dies müsse die Reform des Betreuungsrechts abbilden.

„Der Mensch darf nicht rechtlos gegenüber Behörden stehen", so Markus Kurth. Deshalb bedürfe es unabhängiger und professioneller Unterstützung für Betroffene. Das System müsse vereinfacht werden. Er wies  in diesem Zusammenhang auf die Reform der Eingliederungshilfe in der kommenden Legislaturperiode hin. Hier sieht Kurth gute Anknüpfungspunkte auch für die Reform des Betreuungsrechts. Der Bundesrat muss der Reform zustimmen. Daher erwartet der Politiker einen Allparteienkompromiss.

Lesermeinungen zu “Betreuungsrecht endlich reformieren” (6)

Von behindertenrecht

Wenn man bedenkt, daß Betreuer als rechtliche Vertretung eingesetzt werden, die Zahl der Berufsbetreuer immer mehr ansteigt und eine Betreuung , lediglich dem Zwecke der gerichtlichen und außergerichtlichen Vertretung des Betreuten dient, dann wird schon deutlich, daß jede n i c h t r e c h t l i c h e persönliche Unterstützung auf andere Personen übertragen wird .
Bei einer Reform des Betreuungsgesetzes müsste daher besonders darauf geachtet werden, daß der Betreuer persönliche Unterstützung für den Betreuten organisiert, damit der Betreute nicht exkludiert wird . Denn auch ein Heim kann das Recht auf persönliche Unterstützung nicht leisten, weil für Heimplätze eine Pauschale gezahlt wird . Man kann und darf aber Menschen nicht pauschalisieren, sondern individuelle inklusive Teilhabe garantieren . Darauf sollten vor allem auch die Kostenträger achten, wenn ein Betreuer Hilfen beantragt, dann wäre den Betreuten schon viel geholfen und der Teufelskreis durchbrochen ...

Von jgb

Im Übrigen fängt die Selbstbestimmung da an, dass der Betroffenen SELBST entscheidet wer die Betreuung/Vorsorge übernimmt und ob diese ein Berufsbetreuer oder ein ehrenamtlicher ist !!!
Vielleicht sollte Herr Kurth einmal die Betroffenverbände zu dem Thema einladen anstatt die, diese "Leistung" anbieten und damit Eigeninteresse haben um damit Geld zu verdienen.
Nicht der Metzger entscheidet was Qualität ist, sondern der der das Fleisch kauft !!!

Die Grünen sollte sich für solche Vorhaben nicht missbrauchen lassen.

Johannes Georg Bischoff
Wohlfeil 3
67489 Kirrweiler
Diplom-Psychologe und
Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes des Bundesverbandes Psychiatrie Erfahrener e.V.

Von Petra Nöhre

Es wäre eine vernünftige Reform der Sozialleistungen nötig. Bei den ganzen komplizierten Anträge usw. ist es kein Wunder, dass immer mehr Unterstützung brauchen.
Wenn ich sehe wieviele Ämter ich beschäftige für meine Belange Kriege ich die Krise, daran sollte was geändert und vereinfacht werden

Von Petra Nöhre

Es wäre eine vernünftige Reform der Sozialleistungen nötig. Bei den ganzen komplizierten Anträge usw. ist es kein Wunder, dass immer mehr Unterstützung brauchen.
Wenn ich sehe wieviele Ämter ich beschäftige für meine Belange Kriege ich die Krise, daran sollte was geändert und vereinfacht werden

Von jgb

Es ist falsch, dass die geseztzliche Betreuung durch Berufsbetreuer, für die Betreuten die bessere Lösung ist.
Meine Erfahrung in der Beschwerdebearbeitung hat mir gezeigt, das mit der Übernahme der Betreuung durch einen Berufsbetreuer, es meist zu einer vollkommenen Entrechtung der Betroffenen kommt.
Angefangen von der Kontosperre ohne Sachlichen Grund bis hin zu Heimeinweisung
Auch die Betreuer des BDB machen hier keine Ausnahme.
Da werden Menschen von Berufsbetreuern, ohne sachlichen Grund, willkürlich in geschlossen Heime gesperrt oder es wird von einer BDB Betreuerin ohne Rückfrage Teile des Hausrats entsorgt und auf Antrag einer BDB Betreurin werden Menschen mit Depotneuroleptika zwangsbehandelt und es wird versucht diese in geschlossen Heime abzuschieben weil die Betreuerin weder willens noch in der Lage ist mit diesen adäquat zu kommunizieren.
Die gleich Betreuerin setzt sich dann für Qualität in der Betreuung ein.
Teilweise herrschen hier Zustände die den Betroffenen jegliche Rechte Nehmen.
Jede engagierte ehrenamtliche Betreuung ist hier besser.
Wenn der Gesetzgeber meint, es wäre zu kompliziert für eine Laien Leistungen zu beantragen, dann soll er die Verfahren vereinfachen, anstatt die Menschen der Willkür dieser selbsternannten "Berufsbesserwisser" auszuliefern.
Die Grünen sich für solche Vorhaben nicht missbrauchen lassen.

Johannes Georg Bischoff
Wohlfeil 3
67489 Kirrweiler

Diplom-Psychologe und
Mitglied des geschäftsführenden Vorstandes des Bundesverbandes Psychiatrie Erfahrener e.V.

Von Gisela Maubach

Zitat aus dem Beitrag:

„Der Mensch darf nicht rechtlos gegenüber Behörden stehen", so Markus Kurth. Deshalb bedürfe es unabhängiger und professioneller Unterstützung für Betroffene.

Erstens ist es ein Skandal, dass überhaupt so häufig Unterstützung notwendig ist, um gegenüber Behörden ganz normale Rechtsansprüche geltend zu machen, denn sinnvoller wäre es, wenn der Gesetzgeber endlich die Verweigerungshaltung vieler Kostenträger sanktionieren würde . . .

. . . und zweitens: Was nützt die qualifizierteste Unterstützung, wenn der spürbare Wunsch nach Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft durch den Gesetzgeber selbst verweigert wird, indem arbeitsunfähige Menschen den Tagesablauf in Riesengruppen unter sich verbringen müssen, ohne die Möglichkeit des persönlichen Budgets in Anspruch nehmen zu dürfen?
Auch das muss bei der Reform der Eingliederungshilfe endlich thematisiert werden!!!