Elternverband beklagt Zurückrudern bei Inklusion

Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

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Bild: Gemeinsam leben

Düsseldorf (kobinet) Dass die nordrhein-westfälische Landesregierung die Einbringung des Gesetzentwurfs zum 9. Schulrechtsänderungsgesetz jetzt erneut verschieben will, ist für den Elternverband Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen Nordrhein-Westfalen ein weiterer Schritt in einer langen Reihe von Verzögerungen, Einschränkungen und Rückschritten bei der Umsetzung der Inklusion.

"Aus den vollmundigen Versprechungen, die Rot-Grün zur Landtagswahl verlauten ließ, ist ein kleinlautes Zurückrudern geworden", sagte Bernd Kochanek, Vorsitzender des Inklusionsfachverbandes Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen. "Offenbar knickt die Landesregierung gerade vor dem anhaltenden Druck der Kommunalen Spitzenverbände und Lehrerverbände ein, die in den vergangen Monaten massiv öffentlich gegen das 9. Schulrechtsänderungsgesetz Stimmung gemacht haben." So war sich der Landtag noch Ende 2010 einig, dass es bei der Verwirklichung eines inklusiven Schulsystems nicht zu weiteren Verzögerungen kommen dürfe und der unwürdige Bittgang von Eltern betroffener Kinder auf der Suche nach einer passenden Schule für ihr Kind dringend ein Ende haben müsse.

Inzwischen breiteten sich unter den Eltern behinderter Kinder zunehmend Zweifel aus, ob es in absehbarer Zeit überhaupt zu einer gesetzlichen Regelung zur Inklusion kommen wird. Die Rechte betroffener Kinder spielen nach Ansicht der Eltern inzwischen kaum noch eine Rolle. In der Öffentlichkeit werde nur noch über Kosten gesprochen. Gespräche mit Eltern behinderter Kinder seien dagegen fast völlig zum Erliegen gekommen. Über neue Entwicklungen erfahren Elternverbände nur noch aus der Presse. Niemand halte es für nötig, mit den Betroffenen das Gespräch zu suchen. Selbst Ministerpräsidentin Hannelore Kraft lehnte  unlängst ein Gespräch mit betroffenen Eltern, um das der Verband gebeten hatte, mit dem Hinweis auf Zeitmangel ab.

"Die alte Forderung der Behindertenbewegung 'Nichts über uns, ohne uns' scheint für die politisch Verantwortlichen keine Bedeutung mehr zu haben", beklagt Michael Baumeister, Vorstandmitglied und selbst Vater eines Sohnes mit Trisomie 21. "Und das, obwohl die UN-Konvention die Beteiligung der Betroffenen in politischen Prozessen zwingend vorschreibt." Gemeinsam Leben, Gemeinsam Lernen fordert, unverzüglich und ohne weitere Verzögerungen eine gesetzliche Regelung zu schaffen, die spätestens zum kommenden Schuljahr greift. "Auch wenn wir mit dem nun vorliegenden Gesetzentwurf in vielen Punkten nicht einverstanden sind, können Eltern behinderter Kinder nicht weiter akzeptieren, dass die Rechte ihrer Kinder dem Streit um die Kosten zwischen Kommunen und Land untergeordnet werden", so Bernd Kochanek.

Lesermeinungen zu “Elternverband beklagt Zurückrudern bei Inklusion” (1)

Von petermusti

Das Interesse von Politikern an den Problemen von Menschen mit Behinderung sinkt in dem Maße in dem sie sich weg von den Sonntagsreden dem grauen Alltag nähern und Lösungen anbieten sollen.
Dass das so ist erlebe ich tagtäglich.

Eine der Ursachen, denke ich, ist die Situation in die wir Menschen mit Behinderung uns freiwillig begeben haben und es uns darin bequem gemacht haben.
Die Situation ist, dass wir uns über unser Behindertsein zu definieren scheinen! (ich höre schon den Aufschrei von "Betroffenen")
Damit haben wir uns in eine Falle von Resourcenknappheit und anderen vermeintlichen Hindernissen begeben.
In ein Ghetto!
Die Lösung sehe ich in einem anderen Politikansatz.
Wir Menschen mit Behinderung müssen unser Bedarfe als unser Bürgerrecht einfordern.

Wir Menschen mit Behinderung müssen uns als eine Bürgerrechtsorganisation verstehen und als eine solche auftreten!

Wir sollten unser Recht einfordern unser Leben so gestalten zu können wie jeder Bürger dieses Landes es auch kann.

Ohne besondere Erschwernis, und in allgemein üblicher Weise!