Fortbildung über Behindertenrechte

Veröffentlicht am von Franz Schmahl

Valentin Aichele
Valentin Aichele
Bild: Rolf Barthel

Berlin (kobinet) Die Monitoring-Stelle zur UN-Behindertenrechtskonvention hat Fortbildungsprogramme für Verwaltung und Gerichtsbarkeit in Bund und Ländern zum Thema Behinderung gefordert. "Bei staatlichen Stellen ist weiterhin großer Fortbildungsbedarf in Sachen UN-Behindertenrechtskonvention zu erkennen", erklärte heute in Berlin deren Leiter Valentin Aichele anlässlich der Veröffentlichung der Publikation "Barrieren in den Köpfen abbauen! Bewusstseinsbildung als Verpflichtung".

"Viele Menschen, gerade auch in staatlichen Stellen, haben nach wie vor Vorurteile und stereotype Vorstellungen über Menschen mit Behinderungen, die die Umsetzung von Inklusion behindern", sagte Aichele. Eine inklusive Gesellschaft könne nur gelingen, wenn das Bewusstsein für Würde und Rechte von Menschen mit Behinderungen staatlich wie gesellschaftlich von allen getragen werde. Bewusstseinsbildende Maßnahmen, die auf die Überwindung der "Barrieren in den Köpfen" zielten, seien nach der UN-Behindertenrechtskonvention eine staatliche Verpflichtung, so Aichele.

"Die Menschenrechtsbildung bietet auch für die Rechte von Menschen mit Behinderungen große Chancen. Dies haben staatliche Stellen noch nicht hinreichend erkannt", erklärte Sandra Reitz, Leiterin der Abteilung Menschenrechtsbildung im Deutschen Institut für Menschenrechte. Die UN-Behindertenrechtskonvention sei für die Menschenrechtsbildung ein wesentlicher Bezugspunkt für unterschiedliche Sensibilisierungs-, Aus- und Fortbildungsprogramme. "Der Menschenrechtsbildung kommt für die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention eine wichtig Rolle zu", unterstrich Reitz.

Lesermeinungen zu “Fortbildung über Behindertenrechte” (4)

Von soke

Wieder ein kluges Papier der Monitoringstelle. Es wäre vielleicht wirksamer, zusätzlich einen konkreten Plan zu Inhalten und erforderlichen finanziellen Mitteln für Fortbildungen: eine "Menschenrechts-Bildungs-Bedarfsplanung" zur UN-Konvention zu ergänzen.
Dann wird die kommende Haushaltsdebatte im Bundestag lebendiger. Außerdem wären alle Ministerien - nicht nur vier wie bisher - zu verpflichten, dafür Mittel in den Haushalt einzustellen.
Neben den Barrieren in den Köpfen muß auch das Gesetz als Barriere abgebaut werden: einfachere Regeln, klare Sprache. Damit Menschen ihre Rechte auch verstehen. Was verstanden wird, wird auch eingefordert. Eine praktische Fortbildung für Behördenmitarbeiter, oder?

Von harle

Tatsächlich sind die wohlfeilen Formulierungen der Gesetzestexte angenehm und - für nicht behinderte Mitmenschen - emotional beruhigend zu lesen. So stimmen sich (bei mehreren Leistungsträgern) diese sich miteinander ab. Und alles ist gut ... .

Nur eben hinterher - bei einer Barriere-freien Investition von zehntausenden von Euros oder einem Verdienst von 8000 Euro - (oh graus), da muss eben abgegeben werden. Verschwiegen - zum Schutze des (nichtbehinderten) Lesers - wird leider: Einen Sch...ß machen die Träger. Die schieben sich die Kostenübernahme gegenseitig zu. Bloß nix zahlen: So ist Sozialhilfe subsidiär. Da streitet man sich gerne. Vor Gericht. Und das über Jahre. Und Kläger ist der Behinderte. Denn der will ja was. Dafür ist die Klage (ohne anwaltliche Vertretung) ja auch umsonst. Nennt sich dann z.B. Feststellungsklage. Festgestellt wird dabei, welcher der wohlfeilen Träger für die wohlfeilen Leistungen nun zuständig ist.

Und noch was für den Leser - mal zum Lernen fürs Leben: Da wird auch meist nicht studiert. Weil solange der Mensch noch drei Stunden täglich arbeiten kann (wie nun auch immer), da gibt es ALG II. Ist billiger für die Kommune. Und da ist ein Studium ausgeschlossen. Und: Die zusammengewürfelten Begrifflichkeiten sind aus völlig unterschiedlichen Rechtsgebieten. So funktioniert das Gesundheitssystem in Deutschland. Und so funktioniert auch der Bundeshaushalt, die Länderhaushalte und die Haushalte in den Kommunen: Die Einnahmen und Ausgaben für Menschen für Behinderungen in den einzelnen Ressorts sind absolut undurchsichtig. Und schaut man mal genau hin, wird man feststellen können, dass für gesellschaftliche Inklusion so gut wie nichts außer für Rhetorik und etwas mehr für Barriere-Freiheit an Geld ausgegeben wird.

Von Gisela Maubach

Der Monitoring-Stelle ist zu empfehlen, sich mal Zugang zum geschlossenen Diskussionsforum der Sozialämter zu verschaffen.
Als das Forum noch für die Öffentlichkeit einsehbar war, hat jemand namens "Ziggi" am 23.10.2008 zum Thema Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 13. Dezember 2006 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen folgendes gepostet (Zitat):


"ich kann dieses Gesetz nicht ganz deuten. Was besagt es den in groben Zügen?
Soweit ich es überflogen habe, ist der eigentliche Regelungsinhalt in Deutschland mehr oder weniger Gang und Gebe bzw. bereits Realität.
Das soll jetzt nicht ketzerisch klingen, aber haben in Deutschland behinderte Menschen nicht mittlerweile schon mehr Rechte wie nichtbehinderte? Der Staat tut und macht in diese Richtung alles, tausende Verbände und Vereine mit einer unvergleichbaren Lobby kümmern sich um die Belange - was solls da noch mehr geben?
Das Genie beherrscht den Wahnsinn!"

Zitat Ende

Ob so jemandem mit einer Fortbildung noch zu helfen ist?

Von Uwe Heineker

Eine wirksame Bewusstseinsbildung im Sinne des Artikel 8 der UN-Behindertenrechtskonvention setzt meines Erachtens voraus, dass auch Forschungserkenntnisse zu Einstellung und Verhalten gegenüber Menschen mit Behinderungen hintergründig mit hinzugezogen und bedacht werden.

Eine gute Grundlage hierzu:

http://bidok.uibk.ac.at/library/cloerkes-einstellung.html

Trotz der zeitlichen Distanz zur Erstveröffentlichungen (1979!) haben die Aussagen der vorliegenden Arbeit nach wie vor ihre Gültigkeit und Berechtigung (!).

Auch wenn primär von "physisch abweichenden Personen" berichtet wird, können die Ergebnisse auf alle Menschen mit Behinderung ausgeweitet werden.