Mehr Selbstbestimmung bei Tagesstrukturierung

Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Gisela und Steffen Maubach
Gisela und Steffen Maubach
Bild: Gisela Maubach

Aachen (kobinet) Gisela Maubach betrachtet viele vermeintliche Inklusionsprojekt sehr kritisch und fragt in häufig danach, ob auch Menschen mit einbezogen werden, die nicht im herkömmlichen Sinne arbeiten können. kobinet-Redakteur Ottmar Miles-Paul sprach mit Gisela Maubach über ihre Herausforderungen als Mutter eines behinderten Sohnes und ihre Wünsche für eine bessere Behindertenpolitik.

kobinet-nachrichten: Als engagierte Leserbriefschreiberin setzen Sie sich in den kobinet-nachrichten besonders für behinderte Menschen mit einem sehr hohen Unterstützungsbedarf ein. Was ist Ihnen dabei besonders wichtig?

Gisela Maubach: Insbesondere möchte ich ein Bewusstsein dafür schaffen, dass die Formulierung "sehr hoher Unterstützungsbedarf" nur etwas über das Ausmaß einer Behinderung aussagt und nichts über die Behinderung als solche. Es ist dabei nicht erkennbar, ob es sich um einen hochbegabten Menschen handelt, der zum Beispiel wegen seiner körperlichen Einschränkungen umfangreiche Assistenz benötigt, oder ob es sich vielleicht um einen Menschen handelt, der körperlich möglicherweise topfit ist, aber der nicht ansatzweise in der Lage ist, den Sinn seines eigenen Handelns zu verstehen, so dass er ununterbrochen betreut und auch vor Gefahren geschützt werden muss.

Wenn Politiker und Medien von "Menschen mit Lernschwierigkeiten" sprechen, werden in aller Regel Bildungs- oder Arbeitsmöglichkeiten thematisiert. Ich finde es großartig, wenn Arbeitsplätze geschaffen werden, die den jeweils individuellen Fähigkeiten entsprechen. Aber hoffentlich ist es auch nachvollziehbar, dass ich mich nicht damit abfinden möchte, dass Menschen wie mein Sohn bei den bisherigen Inklusions-Themen gar nicht erst gemeint sein können und aufgrund dessen ihre Interessen auch nicht vertreten werden.

kobinet-nachrichten: Können Sie kurz beschreiben, wie alt ihr Sohn ist, welcher Unterstützungsbedarf nötig ist und wie ihr Alltag als unterstützende Mutter aussieht?

Gisela Maubach: Mein Sohn Steffen kam vor 26 Jahren als Frühgeburt mit einer Sepsis zur Welt und musste wegen einer ausgeprägten Lungenfunktionsstörung zwei Wochen lang mit zum Teil sehr hohen Drücken beatmet werden. Während dieser Zeit auf der Intensivstation wurden auch bereits epileptische Anfälle aufgezeichnet. Bis heute ist Steffen Epileptiker. Ein Sprachverständnis ist nicht erkennbar und er muss auch vollständig mit Windeln versorgt werden. Stereotype Bewegungswiederholungen und extreme autistische Verhaltensweisen prägen seinen Bewegungsdrang. Im Straßenverkehr würde er vor jedes fahrende Auto laufen und ganz besonders wird er von Wasser angezogen, in das er auch schon vollbekleidet reingesprungen ist. Aktivitäten wie Schwimmen (mit großen Schwimmflügeln) und Radfahren auf unserem Dreirad-Tandem gehören zu seinen großen Leidenschaften, wobei er seine Freude manchmal durch laute Schreie zum Ausdruck bringt.

Seit dem Auszug meiner gesunden Tochter, die nach Abitur und Studium nun in Berlin lebt, wird mein Alltag durch meinen Job und Steffen geprägt. Während er werktags bis in den Nachmittag in der Werkstatt betreut wird, erledige ich all die Dinge, die in seiner Anwesenheit schlecht möglich wären. Seit 13 Jahren bin ich Angestellte eines Aachener Vereins, der Familien mit kranken und behinderten Kindern unterstützt. Dabei begleite ich auch Eltern zu Behörden. Und wenn die Ignoranz unerträglich wird, nutze ich auch schon mal die Öffentlichkeit. Vor zwei Jahren habe ich beispielsweise durch einen Fernsehbeitrag im WDR erreicht, dass sämtliche Kindergeldabzweigungen im Kreis Düren gestoppt wurden.

Obwohl ich privat und auch beruflich so viel mit Behinderung konfrontiert bin, nehme ich mir aber auch immer wieder Zeit für meine beiden Hobbys – das Fotografieren und das Laufen. Da tobe ich mich dann im wahrsten Sinne des Wortes aus und lasse Steffen jeweils von ihm vertrauten Personen betreuen.

kobinet-nachrichten: Welche Veränderungen würden Sie sich für sich selbst und Ihren Sohn wünschen und welche Hürden werden Ihnen hierfür in den Weg gelegt?

Gisela Maubach: Der wichtigste Wunsch ist ganz klar, dass seine Interessen und damit auch die Interessen anderer Menschen, die keine wirtschaftlich verwertbare Leistung erbringen können, zukünftig bei wichtigen politischen Entscheidungen vertreten werden. Momentan scheint man zu glauben, dass man arbeitsunfähigen Menschen dadurch einen Gefallen macht, indem man sie durch Gleichmacherei pro forma einfach zu Arbeitnehmern in Werkstätten erklärt. Hier in Nordrhein-Westfalen werden diejenigen, die in anderen Bundesländern als nicht werkstattfähig eingestuft werden, sehr wohl als Arbeitnehmer in Werkstätten untergebracht. Aber weil sie in der Realität eben doch nicht arbeiten können, werden sie überwiegend in eigenen großen Gruppen zusammengefasst und in gesonderten Räumen betreut und gepflegt. Von Inklusion kann hier also keine Rede sein, denn durch das Separieren derjeniger, die für die Produktion der Werkstatt zu behindert sind, praktiziert man ja eher das Gegenteil von Inklusion.

Bis August war Steffen in einer Gruppe, in der 13 schwerstbehinderte Menschen in einem Raum zusammengefasst sind. Man muss kein Spezialist sein, um zu erkennen, dass in so einer Riesengruppe kaum eine individuelle Beschäftigung oder Förderung möglich ist – erst recht nicht für einen Menschen mit großem Bewegungsbedürfnis. Nach langem Kampf habe ich nun erreicht, dass Steffen die Werkstatt gewechselt hat und jetzt innerhalb einer 8er-Gruppe engagiert betreut wird. Eine erste Veränderung habe ich also durch eigenen Einsatz erreicht, aber grundsätzlich ist die Gleichmacherei die größte Hürde, die uns der Gesetzgeber in den Weg stellt. Mein Sohn darf nämlich das Geld, das als Eingliederungshilfe an die Werkstatt gezahlt wird, nicht als Persönliches Budget außerhalb einer Werkstatt nutzen, denn die vorrangige Leistung heißt Teilhabe am Arbeitsleben, so dass ein Persönliches Budget nur für einen wirklichen Arbeitsplatz möglich wäre. Dadurch, dass arbeitsunfähige Menschen pro forma zu Arbeitnehmern erklärt werden, werden sie also gleichzeitig von der Möglichkeit des Persönlichen Budgets ausgeschlossen.

Auch für die Zukunft ist für Menschen wie Steffen keinerlei Selbstbestimmung hinsichtlich der Tagesstruktur geplant, denn die Verbände fordern bei der Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe sogar, dass es auch in den anderen Bundesländern offiziell keine arbeitsunfähigen Menschen mehr geben soll. Und wegen der Qualitätsanforderung würde dann überall für erwerbsunfähige Menschen keine Alternative zur Werkstatt mehr existieren. Das kann so nicht bleiben, wenn das Ziel Inklusion heißt, aber von den Verbänden, die mit den Einrichtungsträgern identisch sind, können wir wohl kaum Hilfe erwarten. Es gibt natürlich noch weitere Veränderungswünsche, aber dieses Verweigern von Nutzung der Eingliederungshilfe außerhalb von Werkstätten unter dem Vorwand angeblicher Qualitätssicherung kann auch mit der UN-Konvention kaum vereinbar sein, zumal noch nicht mal ein Limit bei den Gruppengrößen vorgeschrieben ist.

kobinet-nachrichten: Sie beklagen häufig die leichtfertige Verwendung des Begriffes Inklusion. Wie sieht für Sie eine echte Inklusion aus?

Gisela Maubach: Natürlich kann man nicht von Inklusion sprechen, solange diejenigen Menschen, die keine Chance haben, sich selbst zu vertreten, weiterhin von allen Inklusionsbemühungen ausgeschlossen bleiben. Und weil dieses Argument kaum ausgeräumt werden kann, werde ich es auch weiterhin vorbringen, bis man sich mit diesem Ausgeschlossen-Sein beschäftigt.

Wenn Minister Guntram Schneider in Nordrhein-Westfalen nur Integrationsbetriebe besucht und wiederholt erklärt, dass "Arbeit der entscheidende Schlüssel zur gesellschaftlichen Teilhabe" ist, dann müsste er sich im Umkehrschluss auch die Frage gefallen lassen, ob denn diejenigen von der Gesellschaft ausgeschlossen bleiben sollen, die dieses Schloss aufgrund ihrer individuellen Behinderung nie aufschließen können. Mir ist bewusst, dass es extrem schwierig sein wird, eine tatsächliche Interessenvertretung für Menschen wie meinen Sohn zu erreichen, denn betreuende Eltern sind in aller Regel schon bis über beide Ohren belastet, und nur seltene Kämpfer-Typen wie Frau Rosenberger scheinen alle Erschöpfungsgrenzen zu ignorieren. Ebenso bewusst ist mir, dass es nicht realisierbar sein wird, jedem schwerstbehinderten Menschen wie Steffen während des gesamten Tages eine qualifizierte Einzelbetreuungskraft zur Verfügung zu stellen. Aber schon bei der Veranstaltung "Menschen mit Behinderung im Deutschen Bundestag" hatte ich einige Vorschläge für erste Schritte gemacht – angefangen bei der Festlegung eines Gruppenlimits bis hin zu anderen Formen der Tagesbetreuung außerhalb von Werkstätten, die mit der vorhandenen Eingliederungshilfe durchaus finanzierbar wären. Die Politik muss halt anfangen, sich mit diesem unbequemen Thema zu beschäftigen.

kobinet-nachrichten: Wenn Sie zwei Wünsche an PolitikerInnen, Behindertenbeauftragte bzw. an die Verwaltung hätten, was sollten diese tun, um Ihre und die Situation von anderen Eltern und natürlich für die behinderten Menschen, die Sie unterstützen, zu verbessern?

Gisela Maubach: Den größten Wunsch hatte ich in Berlin schon sehr anschaulich in der Arbeitsgruppe "Arbeit und Soziales" vorgetragen, und dieser Wunsch wurde auch von allen anderen Teilnehmern unterstützt. Der Gesetzgeber soll geeignete Maßnahmen ergreifen, um das weitverbreitete Verweigern von Leistungen durch die zuständigen Kostenträger zu beenden. Es kann nicht hingenommen werden, dass Menschen mit Behinderung bzw. ihre Angehörigen sich so häufig durch alle Instanzen kämpfen müssen, um ihre gesetzlichen Ansprüche geltend zu machen, während die rechtswidrig handelnden Kostenträger mit diesen Praktiken viel Geld sparen und keine Sanktionen zu fürchten haben.

Selbst höchstrichterliche Entscheidungen werden nach wie vor ignoriert – wie zum Beispiel das Urteil des Bundesfinanzhofes vom April 2013, wonach Sozialhilfeträger grundsätzlich nicht berechtigt sind, das Kindergeld abzuzweigen, wenn das Kind im Haushalt der Eltern lebt. Trotzdem gibt es in einigen Teilen Deutschlands immer noch Eltern, deren Kindergeld doch abgezweigt wird und von denen ein unzumutbarer Bürokratie-Aufwand verlangt wird. Ebenso ignoriert wird nach wie vor die Dienstanweisung, dass Menschen mit Behinderung in den ersten Werkstatt-Jahren für ihren Lebensunterhalt nicht zum Jobcenter verschoben werden dürfen, denn dort bekommen sie natürlich keine Leistungen, wenn die Eltern über Einkommen verfügen. Hier lautet mein Wunsch, dass diejenigen Mitarbeiter beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), die ich hinsichtlich dieser Vorgehensweise wiederholt angeschrieben habe, dann auch mal antworten, ob sie bei dem bewusst rechtswidrigen Handeln von Ämtern denn keinen Handlungsbedarf sehen.

Und mein letzter Wunsch ist an die Selbstvertreter in der Behindertenbewegung gerichtet: Bitte betrachtet uns nicht-behinderte Eltern nicht als Gegner von Selbstvertretern! Wir möchten einfach nur nicht ausgeschlossen werden, damit auch unsere Kinder auf die Inklusions-Tagesordnungen kommen und zukünftig nicht mehr vergessen werden.

kobinet-nachrichten: Vielen Dank für das Interview und viel Erfolg

Lesermeinungen zu “Mehr Selbstbestimmung bei Tagesstrukturierung” (15)

Von Gisela Maubach

Welche absurde Bürokratie durch das gesetzliche Arbeitnehmer-Verhältnis produziert wird, erlebe ich gerade aktuell wieder, da ich mal wieder verpflichtet war, dem Sozialamt meines Sohnes eine Einkommensänderung mitzuteilen. Wieviel vom "Lohn" der Werkstatt auf die Grundsicherung angerechnet werden darf, steht in § 82 Abs. 3 SGB XII. Da heißt es wörtlich:

"Abweichend von Satz 1 ist bei einer Beschäftigung in einer Werkstatt für behinderte Menschen von dem Entgelt ein Achtel der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 zuzüglich 25 vom Hundert des diesen Betrag übersteigenden Entgelts abzusetzen."

Und wenn dann jede Änderung des Werkstatt-Einkommens auf 12 Monate aufgeteilt werden muss, um einen neuen Freibetrag zu errechnen, der dann jeweils zu einem 10-seitigen neuen Bescheid führt, dann wundert's einen doch, dass noch niemand hinterfragt hat, in welchem Verhältnis der dafür notwendige Verwaltungsapparat der Werkstätten und der gleichzeitige Verwaltungsaufwand der Sozialämter zu denjenigen Beträgen steht, die neben der Grundsicherung für die behinderten Menschen übrig bleiben.
Die Anzahl der Aktenordner, die ich zwingend zu füllen habe, haben mit der Lebenswirklichkeit kaum etwas zu tun, und wenn ich in unserem Bekanntenkreis jemandem berichte, zu welcher Bürokratie ich verpflichtet bin, weil mein arbeitsunfähiger Sohn auf dem Papier ein Arbeitnehmer ist, dann schaue ich in aller Regel in fragende Gesichter, weil jede/r glaubt, dass ich scherze . . .

Von Inge Rosenberger




Die Bezeichnung „Teilhabe am Arbeitsleben“ finde ich für das, wie unsere schwerstbehinderten Töchter und Söhne beschäftigt werden bzw. sich beschäftigen, nicht gut geeignet, weil Arbeit derzeit ausnahmslos mit einem nutzbaren Endergebnis (Produkt oder Dienstleistung) in Zusammenhang gebracht wird.
Und das ist bei Menschen wie meiner Tochter einfach nicht gegeben und wird es auch nie geben.
Auf der anderen Seite ist das, was meine Tochter tagtäglich macht, für sie persönlich Anstrengung und harte Arbeit. Sie hat den Willen, zielgerichtet eine Tätigkeit auszuführen, auch wenn das „nur“ Aufstehen, Laufen, eine Türe öffnen, . . . ist.

Mich stört deshalb in erster Linie die Voraussetzung der wirtschaftlichen Verwertbarkeit der persönlichen Fähigkeiten eines Menschen und die häufig dadurch entstehende Diskriminierung mit der finanziellen Ausgrenzung aus der Nutzung alternativer Beschäftigungsmöglichkeiten.

Die von Frau Maubach geschilderten Zustände sind katastrophal und haben weder mit „Teilhabe am Arbeitsleben“ (in der WfbM) noch mit „Teilhabe am Leben in der Gesellschaft“ (in der Tagesförderstätte) etwas gemeinsam.
Es ist völlig unglaubwürdig und beschämend, wenn behinderte Menschen politisch korrekt „Mitarbeiter“ genannt werden und Lohn bekommen, während sie gleichzeitig von zu wenig Personal nur völlig unzureichend versorgt werden. Ich bin sicher, dass die Betroffenen nur zu gerne auf den politisch korrekten und ordnungsgemäßen Mitarbeiter-Status und den dazugehörigen Lohn verzichten würden, um die ihnen zustehende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft erreichen zu können.
Den manchmal entsteht der Eindruck, dass mit der offiziellen Aufwertung zum „Mitarbeiter“ und dem Lohn das Recht auf Teilhabe verkauft wird.

Es muss endlich sichergestellt werden, dass die für den einzelnen Menschen bestimmten Leistungen auch zweckgebunden für diesen Menschen genutzt werden.
Und es muss sichergestellt werden, dass jeder behinderte Mensch das Persönliche Budget in der Höhe erhält, wie es auch ein (z. T. ungeeigneter) Einrichtungsträger erhalten würde.

Derzeit besteht m.E. ein sehr hohes Risiko, dass Menschen wie der Sohn von Frau Maubach, wie meine Tochter und wie viele andere Menschen auf die Pflege reduziert werden indem sie bei der „Teilhabe am Arbeitsleben“ nicht berücksichtigt werden oder wenn den Betroffenen – wie es in Unterfranken teilweise praktiziert wird - die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verweigert wird.

Ich bin gespannt, wie die künftigen Behindertenbeauftragten sich zu diesem Thema äußern werden.

Von behindertenrecht

Die Menschen für die für alle Aufgabenbereiche ein Berufsbetreuer bestellt ist, der deren rechtliche Interessen vertreten soll, kommen solange nicht in den Genuß der Inklusion, solange der gesetzliche Auftrag der Inklusion nach UN-BRK weder im Betreuungsgesetz noch im SGB verankert ist und als Handlungsanweisung dient .

Keinen Euro mehr für Ausgrenzung und persönliche Assistenz statt Betreuung, dazu haben sich die Staaten gemäß Art, 19 UN-BRK verpflichtet, aber das scheint ja Vergangenheit zu sein !!!
Persönliche Assistenz kann nicht durch die "Vergütung" eines Berufsbetreuers ersetzt werden, wenn ein Mensch Unterstützung in allen Aufgabenbereichen braucht . Persönliche Assistenz kann auch nicht vom "Schreibtisch" aus getätigt werden und setzt Vertrauen statt Professionelle voraus .
Wieviele Menschen müssen sich bereits mit
Nichtvertrauten "vergnügen" und fühlen sie sich wohl dabei ?

Von Gabi

Solange per Gesetz von "Einrichtungen oder Gruppen" die Rede ist, die "der Werkstatt angegliedert sind", ist es ausgesprochen kontraproduktiv, wenn suggeriert wird, dass diese Sackgasse als Chance für nicht arbeitsfähige Menschen verstanden werden kann.

Sehr geehrte Frau Maulbach,

ich hatte die Meinung von Frau Rosenberger bereits unterstrichen, dass ein grundsätzliches Umdenken für heilpädagoschische Gruppen, sowie auch An-bzw. Eingliederung in Werkstätten erfolgen muss. Dahingehend möchte ich auch Ihr Zitat aufgreifen, dass nicht arbeitsfähige in der Sackgasse landen sollten. Ich würde es insofern ergänzen, dass "arbeitsfähig, sofern eine Person dannn darunter fällt, definierbar ist. Selbstverständlich sollte NIEMAND in einer Sackgasse landen. Diesen Punkt sehe ich seitens der Arbeit für behinderte Menschen, seitens der Regierung und setens der Angeote nicht gewährleistet. Es gibt noch viel zu tun.

MfG Gabi

Von iourogbele

Zitat von Frau Maubach:
Selbst höchstrichterliche Entscheidungen werden nach wie vor ignoriert – wie zum Beispiel das Urteil des Bundesfinanzhofes vom April 2013, wonach Sozialhilfeträger grundsätzlich nicht berechtigt sind, das Kindergeld abzuzweigen, wenn das Kind im Haushalt der Eltern lebt. Trotzdem gibt es in einigen Teilen Deutschlands immer noch Eltern, deren Kindergeld doch abgezweigt wird und von denen ein unzumutbarer Bürokratie-Aufwand verlangt wird.

Genau das geschieht in unserer Stadt immer noch. Das BFH-Urteil vom 18.04.2013 Az: V R 48/11 wird ignoriert und Abzweigungsanträge weiterhin aufrecht erhalten.

Ich möchte mich bei Frau Maubach bedanken, dass sie die Problematik von Menschen, die auf Grund ihrer Behinderung nicht für sich selbst sprechen können auf den Punkt gebracht hat.
Meine Tochter ist geistig sowie sprachlich sehr eingeschränkt, sodaß sie gar nicht für sich selbst sprechen könnte. Deswegen finde ich es wichtig, dass wir Eltern bei der Inklusionsdebatte, nicht ausgeschlossen werden.

Von Gisela Maubach

Liebe Frau Beier,

richtig, bei dem Urteil, das Sie als "wegweisend" beschrieben haben, ging es um die Zeit des Berufsbildungsbereiches.

Schwerstbehinderte Menschen, die keine Arbeit leisten können, werden hier in NRW schon während des Eingangsverfahrens und des Berufsbildungsbereiches in "heilpädagogische" Gruppen eingegliedert, in denen sie in aller Regel dann auch während des Arbeitsbereiches bleiben.
Lediglich die Kosten werden für diesen "Platz" ab Arbeitsbereich über Eingliederungshilfe finanziert.

Aber wenn Sie sich auch hier mal durch die Gesetzestexte durcharbeiten, werden Sie auf Paragraphen wie § 39 SGB IX oder auch § 136 Abs. 3 SGB IX stoßen, wo es heißt:

"(3) Behinderte Menschen, die die Voraussetzungen für eine Beschäftigung in einer Werkstatt nicht erfüllen, sollen in Einrichtungen oder Gruppen betreut und gefördert werden, die der Werkstatt angegliedert sind."

Wie groß diese Gruppen sein dürfen, ist gesetzlich leider nicht festgelegt!

Meine Intention war es, dass vor allem die gesetzlichen Rahmenbedingungen im Wege der Umsetzung der UN-Konvention mal überdacht werden, die Menschen wie meinen Sohn bisher von der Selbstbestimmung ausschließen. Die fehlende Möglichkeit des Persönlichen Budgets habe ich bereits abgeklärt!

Solange per Gesetz von "Einrichtungen oder Gruppen" die Rede ist, die "der Werkstatt angegliedert sind", ist es ausgesprochen kontraproduktiv, wenn suggeriert wird, dass diese Sackgasse als Chance für nicht arbeitsfähige Menschen verstanden werden kann.
In den bisherigen Unterlagen zur Weiterentwicklung der Eingliederungshilfe ist davon nämlich keine Rede!

Von Inge Rosenberger

Egal, wie man es dreht und wendet: der Einbezug von Menschen, die sich durch Art und Schwere der Behinderung nicht selbst vertreten können und deren Fähigkeiten nicht wirtschaftlich verwertbar sind, wurde - wie Frau Maubach schon geschrieben hat - versäumt.
Es werden bei der Unterstützung nach wie vor Unterschiede zwischen den einzelnen Behinderungen gemacht, was nicht nur der UN-Konvention, sondern auch dem Grundgesetz eindeutig widerspricht.
Obwohl meine Tochter in ihrer Förderstätte sehr glücklich ist, besteht für sie die Gefahr, dass [Zitat aus den Eckpunkten zur Förderstättenkonzeption] "wird durch den Kostenträger im Benehmen mit dem Einrichtungsträger in regelmäßigen Abständen geprüft, [...] ob der Wechsel auf einen anderen, dem individuellen Bedarf besser gerecht werdenden Einrichtungsplatz geboten ist. Dies kann unter anderem ein Platz in einer tagesstrukturierten Einrichtung oder auch ein Pflegeplatz sein."
Der betroffene Mensch bzw. dessen gesetzliche Betreuung, wird weder erwähnt noch gefragt. Auch hier fehlt die Selbstbestimmung völlig ! ! !
Es entsteht der Eindruck, dass "Schwerstbehinderte" ganz oft als eine Art "homogene Masse" angesehen werden, die gleiche Interessen und Bedürfnisse haben (satt, sauber, still). Dass unsere Töchter und Söhne ganz unterschiedliche Individuen sind und ganz unterschiedliche Bedürfnisse haben, wird - bewusst oder unbewusst - übersehen.

Von Dagmar B

Guten Morgen,liebe Frau Maubach

Ja, der Handlungsbedarf ist enorm.
Nun habe ich mich nicht durch die Gesetzestexte und Zitate durchgearbeitet,möchte aber auch nochmal zu bedenken geben,das eine berufsbildende Maßnahme durch das Arbeitsamt finanziert wird,was aber mit der späteren Eingliederungshilfe über die Sozialhilfe nichts zu tun hat.

Es geht dabei NUR um den Berufsbildungsbereich,der den Menschen,die ohnehin nach der Maßnahme nicht in der Lage sind ,ein Mindestmaß an wirtschaftlich verwertbarer Arbeit zu leisten laut Gesetz nicht zusteht.

Die Möglichkeiten über das Arbeitsamt PB zu beantragen,sind in der Tat an ein enorm kleines Budget gebunden und nur für Klienten vorgesehen,die ohne Betreuung auskommen.

Liebe Grüße

Von Gisela Maubach

Liebe Frau Beier,

das Urteil, das Sie meinen, ist mir bekannt. Man findet es hier:

https://sozialgerichtsbarkeit.de/sgb/esgb/show.php?modul=esgb&id=150464&s0=&s1=&s2=&words=&sensitive=

Das Bundessozialgericht hatte in diesem Fall die Sache an das Landessozialgericht Schleswig-Holstein zurückverwiesen. Es ging dabei um Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben für eine Ausbildung in einer Gärtnerei.

In Absatz 22 des BSG-Urteils finden Sie folgendes zur Urteilsbegründung (Zitat):

„Nach § 97 Abs 1 SGB III idF des Art 3 des SGB IX vom 19.6.2001 (BGBl I 1046) können behinderten Menschen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht werden, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern. Bei der Auswahl der Leistungen sind Eignung, Neigung, bisherige Tätigkeit sowie Lage und Entwicklung des Arbeitsmarktes angemessen zu berücksichtigen (§ 97 Abs 2 SGB III in der vorbezeichneten Fassung).“

Und dass es um „richtige“ Arbeit geht, findet man noch deutlicher in Absatz 25 (Zitat):

„Allerdings ist bei § 102 Abs 1 SGB III zu beachten, dass die auf § 56 Abs 3a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) zurückgehende Vorschrift bezweckt, die Förderung behinderter Menschen in allen Berufen zu gewährleisten, die gute und dauerhafte Beschäftigungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bieten (BT-Drucks 13/4941 S 173 f, zu § 102 Abs 1; Luik in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand 2011, § 102 RdNr 49 f). Eine Förderung nach § 102 Abs 1 SGB III kann also nur beansprucht werden, wenn durch die Maßnahme in der Einrichtung die Teilhabe am allgemeinen Arbeitsmarkt erreicht werden soll. Ob dies beim Kläger der Fall war, hat das LSG bislang nicht festgestellt“

Und weiter in Absatz 26:

„Bei § 102 Abs 2 SGB III ist - anders als bei § 102 Abs 1 SGB III - nicht die Frage nach der Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu stellen; vielmehr handelt es sich bei § 102 Abs 2 SGB III um eine Sondervorschrift für behinderte Menschen, die wegen Art und Schwere ihrer Behinderung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht tätig sein können und auf einen Arbeitsplatz in einer WfbM angewiesen sind . . . Eine Förderung nach § 102 Abs 2 SGB III ist jedenfalls dann möglich, wenn erwartet werden kann, dass der behinderte Mensch nach der Teilnahme an der Maßnahme in der Lage ist, wenigstens ein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung zu erbringen“.

Und in Absatz 27 ist dann noch von sachlich begründeten Ausnahmefällen die Rede:

„Nach dem Gesetzeswortlaut ist es jedoch nicht ausgeschlossen, in Fällen der Leistungsausführung durch ein PB unter Beachtung von Sinn und Zweck des § 17 SGB IX die in §102 Abs 2 SGB III genannte Vorschrift des § 40 SGB IX nur eingeschränkt heranzuziehen und in sachlich begründeten Ausnahmefällen dem zuständigen Träger die Befugnis zuzugestehen, Leistungen im Ermessenswege auch dann zu bewilligen, wenn der Leistungsberechtigte eine nicht formell anerkannte Einrichtung wählt.“

Diejenigen Menschen, die keine wirtschaftlich verwertbare Arbeitsleistung erbringen können, können sich auf dieses Urteil also nicht stützen.
Bestätigt wurde mir dies auch bereits durch eine Anfrage beim LVR.
Mir ist sogar eine andere Mutter bekannt, die ihren Sohn aus einer großen heilpädagogischen Gruppe einer WfbM in Nordrhein-Westfalen rausgenommen hat und die dann um ein Persönliches Budget gekämpft hat. Ihr wurde lediglich ein Persönliches Budget zur Freizeitgestaltung im Umfang von 8 Stunden wöchentlich (!) bewilligt.
Dass aber bei nur 8 Wochenstunden Betreuung außer Haus keine eigene Erwerbstätigkeit mehr möglich ist, versteht sich von selbst.
Außerdem versteht sich von selbst, dass betreuende und pflegende Eltern nicht zusätzlich noch Kraft und Zeit aufbringen können, die mangelnde Selbstbestimmung für ihre erwachsenen Kinder durch alle Instanzen zu kämpfen, weil der Gesetzgeber es versäumt, sie bei der Umsetzung der UN-Konvention mit einzubeziehen.

Daher bin ich nach wie vor der Meinung, dass hier enormer Handlungsbedarf besteht.

Von Dagmar B

Frau Maubach hat geschrieben:

Dadurch, dass arbeitsunfähige Menschen pro forma zu Arbeitnehmern erklärt werden, werden sie also gleichzeitig von der Möglichkeit des Persönlichen Budgets ausgeschlossen.

Hallo liebe Frau Maubach

Ich verstehe die Gleichschaltung ,die Sie kritisieren bis jetzt eher als Chance,damit ALLE Werkstattteilnehmer grundsätzlich einen Anspruch auf das "Arbeitsbudget" haben und eine Unterscheidung hinsichtlich der Nutzung auch ohne Anbindung an eine Werkstatt möglich ist.
Allerdings sind dann individuelle Finanzierungsmöglichkeiten noch nicht transparent,bzw. unklar,ob ein hoher individueller Bedarf auch tatsächlich genehmigt wird.
Zumeist wird der Betrag ja anhand der Preise der großen Anbieter gedeckelt.
Vielleicht meldet sich ja nochmal jemand von den behinderten Juristen,die u.a. auch bei Kobinet ihre Vorschläge zur Weiterentwicklung der Eingliderungshilfe gemacht haben und klären uns darüber auf,was mit der Gleichschaltung erreicht werden soll.

Dazu nochmal das wegweisende Urteil :

http://www.kobinet-nachrichten.org/de/nachrichten/?oldid=28184
Zitat:

Menschen mit Behinderungen können nach der Klarstellung des Bundessozialgerichts damit rechnen, zukünftig Werkstattleistungen ohne Anbindung an eine Werkstatt für behinderte Menschen in Anspruch nehmen zu können", erklärte Hubert Hüppe. Diese Klarstellung verdeutliche, "dass im Rahmen des Persönlichen Budgets Leistungen dem Menschen folgen und nicht umgekehrt, so der Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen.

Zitat Ende

Für mich schließt aber ehrlich gesagt "Werkstattleistung "die Leistungen der Tagesstrukturierung mit ein.

Mit freundlichen Grüßen
Dagmar Beier

Von Kirsten S

Mein Sohn mit einem hohen Unterstützungsbedarf besucht ebenso wie die Tochter Frau Rosenbergers eine Tagesförderstätte und wir können uns über das Engagement der Betreuer mehr als glücklich schätzen.

Mit großem Interesse verfolge ich schon seit langem den Einsatz Frau Maubachs und vor allem ihre Courage, sich öffentlich einzubringen. Gehen wir einmal davon aus, dass es eigentlich nur eine kleine Minderheit in der Riege der insgesamt von Behinderung betroffenen Menschen geht, bedarf es auch eines solchen. Denn gerade der Begriff „Lernschwierigkeiten“ umfasst (meiner) Meinung nach, zumindest auf den ersten Blick, nicht unbedingt auch unsere Angehörigen mit hohem Unterstützungsbedarf. Und genau in dieser Spur fahren dann aber die Interessen gebündelt nach oben an die verantwortlichen Kostenträger weiter.

Der Begriff „Inklusion“ wird bei den Verbänden und damit Einrichtungsträgern ernst genommen. Das steht außer Frage. Auch werden die Selbstvertreter dahingehend aufgebaut und gestärkt, öffentlich ihre Meinung zu vertreten. Das finde ich gut und vor allem sehr unterstützendwert! Nur vertreten diese wirklich wertvollen Vertreter nicht immer die Meinung unserer Betroffenengruppe, sondern eigentlich ihre eigene und auf ihre Bedürfnisse zugeschnitten. Sie können sich auch gar nicht dahingehend hineinversetzen, was Menschen mit hohem Unterstützungsbedarf wirklich wollen und vor allem brauchen. Das können letztendlich auch wir als Eltern, oder Betreuer oft nur durch jahrelange und meist 24 stündige Betreuung deuten und nach außen vertreten.

Tun wir das dann öffentlich, werden wir beruhigt und besänftigt. In den neusten Bewegungen sogar schon teilweise als "überflüssig" und als emotional denkend bezeichnet, oder aber auf (zu) hohe Kosten bei der Umsetzung hingewiesen.

Und was mir auch auffällt ist, dass man die Betroffenengruppe mit dem hohen Unterstützungsbedarf gar nicht so richtig wahr nimmt, bzw. ernsthaft mit in das Thema „Inklusion“ einbezieht. Daher habe ich persönlich auch von Anfang an die Befürchtung, dass sie aus der Eingliederungshilfe rausfallen werden und man sich neue „Versorgungsmöglichkeiten“ ausdenken wird.

Die Selbstvertreter hingegen wissen um unsere speziellen Probleme meist nichts, weil unsere Betroffenen und wir als Eltern ja gezwungenermaßen in einem ganz anderen Fahrwasser unterwegs sind.

Emotionen sind bei diesem Thema für uns eigentlich schon lange out, weil es niemanden so richtig interessiert. Klare Worte wie sie von einer Frau Maubach oder auch Frau Rosenberger kommen, Menschen die sich mit Gesetzestexten auskennen und gut in Wort und Bild sind, haben noch annähernd eine Chance, in der politischen Welt Gehör zu finden. So hoffe ich jetzt inständig, dass die Bemühungen Frau Maubachs Erfolg haben werden.

Von Gisela Maubach

@ Gabi:

Es ist richtig, dass bei den Arbeitsangeboten insgesamt viel zu wenig Selbstbestimmung ermöglicht wird.
In diesem Interview hier wollte ich allerdings insbesondere deutlich machen, dass es auch Behinderungen gibt, die jedes Arbeiten von vornherein ausschließen. Und wer grundsätzlich nicht arbeiten kann, dem nützen selbst die flexibelsten Arbeitsangebote nichts.

Aber auch wer nicht (!) arbeiten kann, darf nicht gezwungen werden, seine Tagesabläufe in riesigen Schwerstbehinderten-Gruppen zu verbringen, in denen keine Kommunikation untereinander und keine Beschäftigung miteinander möglich ist - und erst recht keine Teilhabe "draußen".

Vielfältige Angebote und flexible Lösungen müssen für ALLE (!) geschaffen werden, und wer sich Inklusion auf seine Fahnen schreibt, wird bei dieser Entwicklung niemanden ausgrenzen können.

Von Gabi

Die aktuell sehr starren Strukturen bei den Arbeitsangeboten müssen durch vielfältige Angebote und flexible Lösungen ersetzt werden.

Das unterschreibe ich blind.

VG Gabi

Von Gabi

Guten Abend Zusammen,

zunächtst einmal vielen Dank für das ausführliche Interview. Ich kenne einige Mütter schon durch ihre Öffentlichkeitsarbeit und möchte hier einmal festhalten, dass ich dieses Engagemant sehr zu schätzen weiss. Allerdings ist es eine traurige Tatsache, dass man sich die normalsten Dinge, die nicht nur das Thema Inklusion betreffen, sondern ganz sipele Dinge, von denen man nicht denkt, dass ein Heer an Anträgen erforderlich sind und man automatisch zur Bürokraft ausgebildet wird. Selbstverständlich in Eigenintiative und aus persönlicher Motivation heraus. Behinderte Menschen haben Rechte und es sollte nicht so sein, dass man sich ein Recht erkämpfen muss. Aber leider ist es so, wer nicht kämpft , bzw. wer nicht für sein Kind kämpft, oder auch nicht in der Lage ist einen ständigen Kampf mit Behörden zu führen, dem bleiben Dinge vorenthalten, auf die Betroffene ein Recht haben und diie zu einem stink normalen Leben auch dazu gehören. Selbst bin ich Mutter einer volljährigen körperbehinderten Tochter.

Zunächst einmal habe ich ein Schreiben bekommen, dass mit der Volljährigkeit die Voraussetzungen für das" H" ,aus dem Grund erst einmal nicht mehr gegeben sind, sofern eine Person nicht mindestes mit einer Person nach Pflegestufe 2 berücksichtigt ist . Das muss mal überlegt werden. Von einem Tag auf den anderen ändert sich theoretisch erst einmal alles. Und nur weil ein Kind erwachsen wird. Natürlich muss man sein Privatbüro nurtzen. Akten heraussuchen, neue anfordern, ein lange Begründung schreiben. Mich stört es, dass eine Diagnose immer die selbe ist, der Hilfebedarf auch klar erfasst ist und mit der Volljährigkeit eine Lawine ins Rollen gerät, weil es theoretisch so festgelegt wurde.

Ich habe bestimmt noch mehr zu sagen, aber ich wünsche allen hier erst einmal einen schönen Aben.

VG Gabi aus Baden Württemberg

Von Inge Rosenberger

Meine Tochter geht seit fast zehn Jahren in eine Tagesförderstätte, deren Mitarbeiter mit sehr großem Engagement tätig sind. Für sie ist ihre Gruppe nicht nur ein einfaches „Rauskommen“ aus dem Elternhaus, sondern eine abwechslungsreiche Tagesstrukturierung, die sie sehr gerne in Anspruch nimmt.
Einen Nachteil im Bereich der Förderstätten sehe ich allerdings darin, dass - im Gegensatz zum Rechtsanspruch auf einen Platz in der Werkstatt - die Beschäftigung in einer Tagesförderstätte nur durch eine „Soll“-Bestimmung geregelt ist.
Deshalb muss das Anrecht auf eine Teilhabe am Arbeitsleben endlich für alle Menschen mit Behinderung ermöglicht werden. Es muss auch die Wahlmöglichkeit bestehen, ob sie dieses Recht in einer Werkstatt, in einer Förderstätte oder auf eine andere Art und Weise wahrnehmen.
Auch wenn Menschen einen hohen Unterstützungsbedarf haben, müssen sie die Chance haben, arbeiten zu können, bzw. eine für sie geeignete Beschäftigung zu bekommen.
Die aktuell sehr starren Strukturen bei den Arbeitsangeboten müssen durch vielfältige Angebote und flexible Lösungen ersetzt werden.