Ich muss mich seit Jahren nackig machen
Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Bild: Sozialhelden
Berlin (kobinet) "Ich muss mich seit Jahren nackig machen", so beschreibt der freiberuflich tätige Raul Krauthausen aus Berlin seine Situation im Hinblick auf die Anrechnung des Einkommens und Vermögens bei der Finanzierung seiner Persönlichen Assistenz und die damit verbundenen Prüfungen durch das Sozialamt. Erst vor kurzem hat Raul Krauthausen wieder Post vom Sozialamt bekommen, was ihn mürbe macht.
"Als Mensch, der auf persönliche Assistenz angewiesen ist, bekomme ich alle paar Monate Post vom Sozialamt. So auch heute. Sie wollen mal wieder vollen Einblick in meine Konten. Die Kontoauszüge der letzten drei Monate sowie meinen Einkommenssteuerbescheid aus dem letzten Jahr. Außerdem soll ich doch bitte meine (Dienst-)Reisen in angemessener Form nachweisen. Kurzum: Sie wollen wissen, wie viel ich verdien(t)e und was ich mit meinem Geld anstelle", schrieb Raul Krauthausen vor kurzem in seinem Newsletter unter der Überschrift "Arbeit + Assistenz = Altersarmut".
"Ich muss mich seit Jahren nackig machen. Das Verhältnis zwischen dem Sozialamt und mir ist geprägt von Misstrauen und dem unwohlen Gefühl, des Eingriffs in meine Privatsphäre. Dabei habe ich noch nie betrogen. Ich bin sogar so ehrlich und sage, dass mich das mürbe macht. Jedes Mal, wenn ich die Ökopapier-grauen Umschläge des Amtes im Briefkasten finde, läuft mir ein kalter Schauer über den Rücken. Ich will mich nicht permanent als 'Betrüger' oder 'Schnorrer' fühlen müssen. Ich bin selbständig tätig und habe kein geregeltes Einkommen. Ich gebe Lesungen, Vorträge, berate und gebe Workshops über Innovationen in den Bereichen Barrierefreiheit und Inklusion. Ich lebe sozusagen von der Hand in den Mund. Keine Altersvorsorge, kein Bausparvertrag, keine Lebensversicherung. Der Grund: Ich darf nicht!" So beschreibt Raul Krauthausen seine Situation und die damit verbundenen Gefühle. Damit macht der quirlige und erfindungsreiche Rollstuhlnutzer aus Berlin deutlich, dass es bei der Diskussion um das Bundesteilhabegesetz nicht nur um ein paar Euro mehr in Sachen Anrechnung des Einkommens und Vermögens geht, sondern auch um die Abkehr von ständigen Prüfungen durch die Ämter gehen muss.
Die Rechtslage stellt sich für Raul Krauthausen und viele andere Betroffene so dar, dass er nicht mehr als den doppelten Hartz IV Satz verdienen und nicht mehr als 2.600 Euro ansparen darf, was bedeutet: kein Bausparvertrag, keine Lebensversicherung und kein Erbe, um nicht zu seinen Assistenzleistungen hinzuzahlen zu müssen. "Ich soll nun monatlich rückwirkend über 300 € für meine Assistenz selber aufbringen. Das ist nach Miete (700 €) und Krankenkasse (450 €) der drittgrößte Posten meiner Ausgaben. Ich bin machtlos. Ich werde mein Leben lang diese Behinderung haben. Sie ist kein vorübergehender Zustand wie manche Arbeitslosigkeit. Meine Altersarmut ist vorprogrammiert, wenn sich an der Gesetzeslage in den nächsten Jahren nichts ändert. Ich ertappe mich sogar manchmal bei der Frage: 'Warum arbeite ich eigentlich?'", schreibt Raul Krauthausen.
Am Ende seines Newsletterbeitrages weist Raul Krauthausen darauf hin, dass er nicht der einzige ist, den diese Regelungen betreffen, was zahlreiche Beispiele, Petitionen und die Kampagne für ein gutes Bundesteilhabegesetz unter www.teilhabegesetz.org zeigten. Dabei weist er darauf hin, dass die Kampagne auch finanzielle Unterstützung, also Spenden, braucht, um dafür eintreten zu können, die bestehenden Gesetze zu verändern.
Von Michi
Ja giesela da gebe ich dir recht auch ich bin betroffen du bringst es auf den punkt denn politiker übersehen das jeder mensch hilfe braucht egal ob behindert oder nicht die behindern sich doch alle gegenseiteg wir haben zuviele politiker im land man kann nur noch die linken wählen den rest kann man vergessen egal was gysi damals in der ddr damals gemacht hat aber ich denke wenn die linken an die macht kämen wäre das anders
Von Gisela Maubach
Fortsetzung:
Man muss nicht über Fachwissen verfügen, um sich vorstellen zu können, dass das Aufsuchen eines Raumes, in dem sich eine zweistellige Anzahl von Menschen mit geistiger Schwerstbehinderung befinden, nicht viel mit sozialen Kontakten – und schon gar nicht mit Inklusion – zu tun haben kann.
Zaghafte Versuche, unsere nachvollziehbaren Anliegen innerhalb eines Verbandes zu bündeln, um nach außen schlagkräftig zu sein, sind bisher daran gescheitert, dass die diejenigen Eltern, mit denen ich diesbezüglich Kontakt aufgenommen hatte, alle bereits an den Grenzen ihrer individuellen Belastbarkeit angekommen sind.
Vielleicht ergibt sich ja die eine oder andere Diskussion anlässlich des Inklusionskongresses am 12./13. September in Berlin, an der ich incl. Sohn teilnehme . . .
Beste Grüße
Gisela Maubach
Von Gisela Maubach
Hallo Herr Mück,
mein Hinweis auf unsere vergangene Diskussion sollte lediglich dazu dienen, auf die Häufigkeit des Themas Einkommens- und Vermögensfreiheit hinzuweisen, da das Thema auch dort in der Überschrift stand.
Weder die geplante Kindergeld-Streichung (also Nachteilsausgleich-Streichung) noch das Thema Einrichtungsgebundenheit bei der Tagesstruktur arbeitsUNfähiger Menschen mit schwerster geistiger Behinderung sind seitdem in Beiträgen überhaupt thematisiert worden.
Auch ich bin der Meinung, dass wir uns nicht gegenseitig in die Pfanne hauen sollten, aber ich bin dennoch enttäuscht, dass Menschen, die sich nicht selbst mitteilen können, nach wie vor vergessen werden. Wenn auch unsere Themen auf den Tagesordnungen wären, könnte es ein Nebeneinander geben, aber wenn die wirklichen Benachteiligungen einer kompletten Personengruppe weiterhin ausgeblendet bleiben, dann liegt es in der Natur der Sache, dass man bei einer derartigen Einseitigkeit die Frage aufwirft: Warum geht es immer nur um diejenigen Menschen, die hinsichtlich der ausgewählten Themen leistungsfähig genug sind?
Wer sich hinter „Gerti“ verbirgt, weiß ich nicht, und ich würde die Äußerungen in dieser Form auch nicht unterstützen, da sie meiner Meinung nach eher kontraproduktiv sind.
Mit Ihrer Darstellung, dass sehr, sehr viele Akteure gebraucht wurden, um eine gewisse Aufmerksamkeit zu erreichen, deuten Sie eigentlich auch schon eine Erklärung dafür an, dass Menschen mit geistiger Schwerstbehinderung kaum eine derartige Aufmerksamkeit erreichen können, denn die betreuenden Angehörigen, die als einzige ein Interesse an einem (wirklichen!) Selbstbestimmungsrecht vorbringen, sind in aller Regel ihrerseits erwerbstätig und leisten die Pflege und Betreuung incl. einer grenzenlosen Bürokratie in ihrer „Freizeit“, so dass neben Beruf, Pflege, Betreuung, Bürokratie und möglicherweise schlaflosen Nächten wegen epileptischer Anfälle o.a. die Erschöpfung zum ständigen Begleiter wird.
Bedenklich finde ich die Tatsache, dass – immer dann, wenn es um Inhalte zum Teilhabegesetz geht – als Interessenvertreter des von mir angesprochenen Personenkreises immer nur die Verbände eingeladen werden, die gleichzeitig auch die Träger der Sonder-Einrichtungen sind.
Warum holt man bei Podiumsdiskussionen zum Thema Inklusion oder Teilhabe nicht auch mal Eltern oder andere Angehörige von Menschen mit geistiger Schwerstbehinderung dazu, um sie zu Wort kommen zu lassen? Ich könnte direkt mehrere nennen, die ihre Söhne oder Töchter aus großen Schwerstbehinderten-Gruppen von Werkstätten rausgenommen haben, weil sie diese Form der Verwahrung für unzumutbar hielten.
Dieses Herausholen können sich bisher allerdings nur Angehörige „leisten“, die einen berufstätigen Lebenspartner haben oder die ihrerseits bereit sind, für die Betreuung auf Hartz-IV-Niveau abzusteigen.
Der von Ihnen erwähnte § 13 SGB XII enthält folgende Einschränkung:
„Der Vorrang der ambulanten Leistung gilt nicht, wenn eine Leistung für eine geeignete stationäre Einrichtung zumutbar und eine ambulante Leistung mit unverhältnismäßigen Mehrkosten verbunden ist. Bei der Entscheidung ist zunächst die Zumutbarkeit zu prüfen.“
Bei der Einrichtungsgebundenheit für den von mir beschriebenen Personenkreis ist die Situation eigentlich noch absurder, denn bei der Bewilligung der „Eingliederungshilfe“, die an die Werkstatt gezahlt wird, werden den Betroffenen und ihren Angehörigen grundsätzlich keine Beträge genannt!!! Daher wird von vornherein ausgeschlossen, dass die Angehörigen überhaupt Kenntnis davon erhalten, in welcher Höhe sie eine ambulante Leistung in Anspruch nehmen könnten.
Enttäuscht bin ich auch darüber, dass im Gesetzentwurf des Forums behinderter Juristinnen und Juristen der § 136 Abs. 3 SGB IX nicht verändert werden soll, wo es heißt, dass Menschen, die kein Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Leistung erbringen können, in Einrichtungen oder Gruppen betreut und gefördert werden sollen, die der Werkstatt angegliedert sind.
In der Rahmenvereinbarung zwischen den Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe mit der Landesarbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege zur Zukunftssicherung Eingliederungshilfe kann man unter „Veränderter Bedarf an Tagesstrukturierung“ folgendes lesen:
„Solange Menschen mit Behinderung im Sinne der Teilhabe am Arbeitsleben einer regulären Beschäftigung nachgehen oder eine Werkstatt für behinderte Menschen aufsuchen, ist ihr Bedarf an Tagesstrukturierung und sozialen Kontakten i.d.R. weitgehend abgedeckt.“
Wie kann es mit den Begriffen Inklusion und Vielfalt vereinbar sein, wenn pauschal davon ausgegangen wird, dass mit dem Aufsuchen einer WfbM der Bedarf an Tagesstrukturierung und sozialen Kontakten abgedeckt ist?
Von KMueck
Hallo Frau Maubach,
in unserer letzten Diskussion waren wir uns einig, dass es keinem der Betroffenen nutzt, sich gegenseitig "in die Pfanne zu hauen". Damit helfen wir nur den Leuten, die nach dem alten Prinzip divide et impera (teile und herrsche), nichts am System ändern wollen. Und davon gibt es noch genug, jedenfalls mehr als uns allen lieb sein kann.
Kein (mir bekannter) betroffener Mensch aus der Behinderten-Szene ist dafür, dass Leistungen bei einem Teil der Betroffenen gestrichen werden sollen, um andere Leistungen zu begünstigen - das behauptet ja gerade "Gerti". In unseren Gesprächen mit Vertretern der Landessozialministerien sowie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS) haben wir dabei nicht nur die Einkommens- und Vermögensanrechnung thematisiert. Dabei haben wir uns IMMER der Argumentation entgegen gestellt, dass die Abschaffung der Anrechnung zu Lasten anderer ginge. Ich habe in einem Diskussions-Beitrag mit Ihnen auch darauf hingewiesen, dass ich bei Abschaffung der Einkommens- und Vermögensanrechnung davon ausgehe, dass hier viele Gelder frei werden, die man sinnvoll in andere Leistungen einbringen kann.
Wenn nun die ASMK, die BAGüS oder das BMAS aus dem Katalog eines Gesamtkonzeptes nur einzelne Punkte herausgreifen oder gar abändern, kann man davon ausgehen, dass das Konzept nicht mehr tragfähig ist. Wenn z.B. das Schonvermögen - wie es die Bundestagsabgeordnete Frau Tack in einem youtube-Interview mit Frau Mincke beschreibt - "erheblich" angehoben wird, dann verbleibt der gesamte Bürokratieaufwand, also genau der Part, der nach unserer Schätzung jährlich eine halbe Milliarde EUR ausmacht. Geld das sinnvoller in andere Leistungen fließen könnte, als in die "Verwaltung" behinderter Menschen. Damit funktioniert aber das Gesamtkonzept nicht mehr. Es wäre jetzt aber vollkommen kontraproduktiv, dies den Leuten anzulasten, die sich für die Abschaffung der Bedürftigkeitsvoraussetzung stark machen.
Über Jahre (eigentlich eher Jahrzehnte) hinweg sind wir mit dem Thema "Raus aus der Sozialhilfe" abgeblitzt, sowohl in der Politik als auch bei den Medien. Nach und nach haben wir all die absurden Argumente widerlegt. Jetzt endlich haben wir es geschafft - dazu bedurfte es sehr, sehr vieler Akteure -, eine gewisse Aufmerksamkeit zu erreichen, aber lange noch nicht genug, um zu garantieren, dass auch eine sinnvolle Gesetzesänderung umgesetzt wird.
Bzgl. der von Ihnen erwähnten Einrichtungsgebundheit kämpfen wir auch schon seit Jahren für eine Loslösung. Prominentes Beispiel ist hier der allgemein bekannte §13 SGB XII. Die Kampagne "Daheim statt Heim" ist z.B. daraus entstanden.
Ich kann nur vorschlagen, machen Sie mit, Ihre durchaus berechtigten und nachvollziehbaren Anliegen innerhalb eines Verbandes zu bündeln. ForseA hat leider (noch?) keine Fachgruppe, die sich hier mit dem Thema advokatorische Assistenz beschäftigt. Aber was nicht ist, kann ja noch werden. Ich persönlich sehe mich jedoch inhaltlich - mangels persönlicher Erfahrung - nicht in der Lage, hier die richtigen Lösungswege vorzuschlagen. Das ist dann wohl eher der Pflichtteil des Rechtes auf Teilhabe und Selbstbestimmung, den wir als Betroffene in unserem jeweiligen Fachgebiet selbst zu erfüllen haben. Ich persönlich würde mir wünschen, hier eine Bündelung der Expertisen zu erreichen, um schlagkräftig nach außen auftreten zu können, als sich gegenseitig öffentlich für berechtigte Anliegen zu kritisieren.
Beste Grüße aus Karlsruhe
Klaus Mück
Von Gisela Maubach
Hallo Herr Mück,
richtig, wir hatten hier bei kobinet schon mal diskutiert - und zwar beim Thema "Landtag für Abschaffung der Einkommens- und Vermögensanrechnung":
http://www.kobinet-nachrichten.org/de/1/nachrichten/29088/Landtag-f%C3%BCr-Abschaffung-der-Einkommens--und-Verm%C3%B6gensanrechnung.htm
Da hatte ich darauf hingewiesen, dass im Protokoll der ASMK die Streichung des Kindergeldes (also die Streichung des Nachteilsausgleiches) für erwachsene behinderte Kinder geplant ist.
Dass nicht nur in unzähligen kobinet-Beiträgen, sondern auch bei zahlreichen Veranstaltungen die Einkommens- und Vermögensfreiheit das Haupt-Thema ist, wurde mittlerweile auch von anderen festgestellt. Und die Bedeutung des Betrages 2.600 Euro ist schon weit über kobinet hinaus bekannt.
Überhaupt nicht bekannt ist hingegen, dass die BAGüS in ihrem Positionspapier zur Schnittstelle zwischen Werkstätten (WfbM) und Tagesförderstätten vom 20.11.2013 erklärt hat, dass "Angebote der beruflichen Teilhabe grundsätzlich vorrangig sind gegenüber Angeboten der Teilhabe am Gemeinschaftsleben."
Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die "heilpädagogischen Gruppen" in Werkstätten, in denen arbeitsunfähige Menschen ihre Werktage unter sich verbringen, eine Sackgasse darstellen, aus der es für arbeitsunfähige Menschen kein Entrinnen gibt.
Wenn ein absolut arbeitsunfähiger Mensch mit geistiger Schwerstbehinderung deshalb "Arbeitnehmer" genannt wird, weil die "Eingliederungshilfe", die an die Werkstatt (!) gezahlt wird, offiziell "Teilhabe am Arbeitsleben" heißt, hat das zur Folge, dass wegen der Vorrangigkeit dieser Form der Leistung der Verbleib in den großen Schwerstbehinderten-Gruppen gesetzlich vorgegeben ist.
Diese Konzentration von schwerstbehinderten Menschen in einem Raum kann ich als Thema in keinem Beitrag finden und auch auf keiner Tagesordnung von Inklusionsveranstaltungen.
Die Einkommens- und Vermögensfreiheit ist in aller Munde, aber auf welche Weise die Einrichtungsgebundenheit bei der Tagesstruktur für Menschen mit geistiger Schwerstbhinderung gesetzlich in Richtung Selbstbestimmungsrecht umgewandelt werden könnte, habe ich bisher in keinem Beitrag und auf keiner Veranstaltung gefunden.
Werde weitere Veranstaltungen besuchen und Augen und Ohren offen halten.
Hoffnungsvolle Grüße
Gisela Maubach
P.S.: Ansonsten schließe ich mich gern Ihrer Meinung an, dass man sich hier nicht hinter Pseudonymen verstecken sollte.
Von KMueck
@Gerti: Mich würde mal interessieren, wer hinter dem Pseudonym "Gerti" steckt. Seien Sie (oder Du?) mir nicht böse, aber eine Meinung sollte man mit vollem Namen vertreten können.
@Frau Maubach: Wir haben ja schon an anderer Stelle diskutiert. Wie kommen Sie darauf, dass sich "'die' Behindertenbewegung einzig und alleine mit dem Thema Einkommens- und Vermögensfreiheit [beschäftigt]"?
Klaus Mück
Von Gerti
Wenn jemand, wie Krauthausen schreibt, 700 Euro Netto für sich im Monat zum Verbrauchen hat. Da haben andere Einzelhaushalte erheblich weniger zum freien Ausgeben zur Verfügung.
In meinen Augen sind siebenhundert Euro je Monat viel Geld, um sich etwas Schönes zu gönnen.
Und dann sollen andere Behinderte von ihren staatlich verbrieften Leistungen beraubt werden, nichts anderes ist das Lobbyistisch-Geheimniskrämerische unter dem Dach der spd; da werden diese 'Verhandlungen' geführt.
*Danke* an Miles-Paul, dem Chief of all, welches seltsame Verständnis es vom Sozialen und seiner Ausformung gibt.
Von Gerti
Weshalb jemand es nötig hat, sich als Berater (eines Mitglieds einer Zunft, wo das berufliche Handeln der Mitglieder sich auf einem [eingebildeten] Überlegenheitsvorhandensein an [welchem auch immer halbgar oder tatsächlich oder gar nicht vorhanden] seienden Wissen aufbaut) zu gerieren, ist (meiner Meinung nach) immer Vorsicht geboten.
Wer hat es nötig, anderen Menschen (hier wird Nichtbehinderten, wie auch Behinderten wohl reichlich vorgegaukelt) seine Weisheiten aufzuoktroyieren und diese zum Non-Plus-Ultra zu machen?
Und Vereine zu gründen und da in höherer Position die Geschicke der Vereine zu lenken, sich daraus gegenüber anderen Behinderten zu erhöhen und quasi als unverzichtbar hinzustellen und hieraus einen erhöhten Anspruch an Bezahlung aus der Gesellschaft heraus anzumelden, WARUM wird nicht nach eigenen Alternativen gesucht?
Hier gibt Krauthausen (unfreiwillig) wohl mehr von sich und seiner Seele preis, als ihm lieb sein könnte.
Von Gerti
Eines verstehe ich nicht: Weshalb die einen die Nachteilsausgleiche zugunsten derer, die arbeiten, abgeben sollen.
Auf Biegen und auf Brechen soll jetzt etwas aus dem Darkroom der Behinderten-Lobbyist_innen durchgedrückt werden.
In der Öffentlichkeit, auf öffentlichen Veranstaltungen werden Durchdrücker_innen des so genannten Gesetzes zur 'Sozialen Teilhabe' aggressiv; mitbekommen auf einer rechtswissenschaftlchen Fachtagung 12. Kölner Sozialrechtstag (20. März 2014). Die Veranstaltung war übrigens bei kobinet nicht beworben worden.
Nun kann jeder sich an drei Fingern abzählen, weshalb die Geheimniskrämerei um das Gesetz zur Sozialen Teilhabe gemacht wird.
Der mit Worten Keilende war übrigens ein Referent der Tagung, mit Namen FREHE.
Von Sabine Fichmann
Auch erwerbsunfähig Behinderte und ihre Angehörigen müssen sich "nackigmachen". Dies allein solte aber wohl nicht der Grund sein, ein Teilhabegesetz "durchzudrücken", welches zulasten dieser o.g. Personengruppe geht!
Die angedachte Gegenfinanzierung über Wegfall des Kindergeldes für über 25jährige erwerbsunfähig Behinderte und die Streichung der Nachteilsausgleiche führt diese Betroffenen und ihre Angehörigen genau in die Armutsfalle, aus der die arbeitsfähigen Behinderten (zu Recht) heraus wollen. Auch das dürfte dem Inklusionsgedanken widersprechen. Diesbzgl. ist von der "Behindertenbewegung", den Interessenverbänden und Institutionen weder ein Protest, noch ein laues Lüftchen zu vernehmen.
Da die Eingliederungshilfe für eine Gruppe der Behinderten einrichtungsgebunden bleiben soll erhalten diese Behinderten persönlich nur ein Bruchteil dessen- sehr zur Freude der "Wohlfahrtsindustrie"!
Von Lesebrille
Ich würde das "Nackigmachen" und den Sozialleistungsbezug lediglich aufgrund von benötigter Assistenz trennen.
Das Nackigmachen, Herr Krauthausen, betrifft nämlich alle LeistungsbeziehrInnen und kann je nach SachbearbeiterInnen in den Ämtern bzw. der jeweiligen Amtspolitik sehr entwürdigend sein. Auch die Altersarmut, wie auch die Angst vor dem Zusammenleben mit der/dem geliebten PartnerIn, weil dieseR ebenfalls zur Kasse gebeten wird, bzw. die gelebte gemeinsame Armut ist eine Belastung, die alle BezieherInnen kennen.
Davon zu trenen ist der Leistungsbezug allein aus Behinderungsgründen.
Die Sozialhilfe/Hartz IV sollten zur Abwendung einer befristeten Notlage dienen und waren von Anbeginn als Hilfen zur Selbsthilfe gedacht. Schon der dauerhafte Bezug hat nichts mit deren Gründungsgedanken zu tun. Dem widerspricht erst recht der Zwang arm zu bleiben bei einem Zustand, der definitiv nicht aus eigener Kraft geändert werden kann. Genau hier muss getrennt werden.
Eine Behinderung kann nicht aus eigener Anstrengung verhindert oder "abgestellt" werden. Menschen mit Behinderungen in Armut zustützen und ihnen zu vermitteln, dass sie sich das Arbeiten genauso gut sparen könnten, widerspricht dem generellen Leistungs- wie auch dem Inklusionsgedanken.
Eine Behinderung ist kein persönliches "Schicksal", sondern geht die gesamte Gesellschaft etwas an. Es ist letztendlich eine Frage an sie, welchen Stellenwert sie Menschen mit Behinderungen zusprechen, jenseits der vollmundigen Versprechungen. Wer lobend von hochausgebildeten Menschen mit Behinderungen spricht, den sollten die Lebensumstände dahinter ebenfalls interessieren. Denn Inklusion endet nicht nach Feierabend.
Von Gisela Maubach
"all inclusive or nothing"!!!
Genau das wäre das Prinzip von Inklusion - ALLE inklusive!!!
Aber warum beschäftigt sich "die" Behindertenbewegung dann einzig und allein mit dem Thema Einkommens- und Vermögensfreiheit?
Wann wird endlich auch die Einrichtungsgebundenheit der Eingliederungshilfe bei der Tagesstruktur von Menschen mit schwersten geistigen Behinderungen thematisiert?