Der Weg zum Bundesteilhabegesetz
Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Bild: BMAS
Berlin (kobinet) "Der Weg zum Bundesteilhabegesetz" lautet der Titel eines Faltblattes mit dem das Bundesministerium für Arbeit und Soziales über den eingeschlagenen Beteiligungsprozess zur Erarbeitung des Bundesteilhabegesetzes informiert.
"Die Erarbeitung des Bundesteilhabegesetzes erfolgt nach dem im Koalitionsvertrag niedergeschriebenen Grundsatz 'Nichts über uns – ohne uns'. Menschen mit Behinderung und ihre Verbände werden wie auch die weiteren betroffenen Akteure von Anfang an und kontinuierlich am Gesetzgebungsprozess beteiligt. Zu diesem Zweck hat die Bundesministerin für Arbeit und Soziales eine 'Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz' konstituiert. In insgesamt neun Sitzungen wird die Arbeitsgruppe bis April 2015 mögliche Reformthemen und -ziele eines Bundesteilhabegesetzes besprechen und mögliche Kompromisslinien zu den verschiedenen Themen der anstehenden Reform abwägen", heißt es im Faltblatt.
Heute geht es bei der zweiten Sitzung der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz in Berlin um folgende Themen: Leistungsberechtigter Personenkreis - Behinderungsbegriff, Abgrenzung Fachleistungen zu existenzsichernden Leistungen (Hilfe zum Lebensunterhalt), Bedarfsermittlung und -feststellung: bundeseinheitliche Kriterien und Koordinierungsverantwortung und um die unabhängige Beratung. Die nächste Sitzung der Arbeitsgruppe findet dann am 14. Oktober statt.
Von Gerti
_Kostenneutralität_, bei dem Wort und dessen Einbindung in die Umschichtung von finanziellen Mitteln zu Lasten derer, die sich nicht selber behelfen können, müssten bei Behinderten, die nicht zum Kreise der Berufslobbyist_innen gehören, die Alarmglocken schrillen. Machen die scheinbar nicht, da wohl jede_r meint, Gewinn aus der Umverteilung der finanziellen Mittel demnächst zu ziehen.
Kobinet wird missbraucht, den Umverteiler_innen, die zu Lasten Dritter umverteilen, die Umverteilung salonfähig zu machen.
Mir konnte noch niemand schlüssig erklären, weshalb (Ehe)partner_innen nicht auch Haushaltsaufgaben im eigenen Haushalt übernehmen können, und sei es, einen Hund Gassi zu führen und die eigene (Ehe)frau / den eigenen (Ehe)mann im Rollstuhl zu schieben.
Am Anfang steht die Einbildung (bei denen, die umschichten), dass niemand benachteiligt wird, nach der Umschichtung der finanziellen Mittel. Aber BEWEISEN lässt sich sowas schlecht im Voraus.
Bei den Umschichtler_innen lässt sich (m.m.N.) gut der Satz anbringen: "Die größten Kritiker_innen der Elche sind selber welche.": Die, die Armut, Ungerechtigkeit und Ungerechtigkeit anprangern (Miles-Paul et.al.) schaffen offensichtlich selber welche und erhöhen sich, da sie ja (angeblich) höher und extrem hoch qualifiziert sind und zudem 'gesellschaftlich nützliche' Arbeit verrichten. Die (Miles-Paul et.al.), die Lobbyismus bisher anprangerten (u.a. auch auf der hp von kobinet), sind zu den größten eigennützigen Lobbyist_innen geworden.
Der Leistungsbegriff an sich ist kein normierter Rechtsbegriff und auslegbar und dehnbar nach allen Himmelsrichtungen hin. Nur die Einbildung, man(n) sei was bessres als andere und müsse deshalb (finanziell) besser als andere gestellt sein, ist nicht dehnbar, sondern nachweisbar.
So macht sich die spd wieder einmal zum Büttel der Interessen Dritter, dieses Mal nicht, indem ein neues Hartz (IV) kreiert wird, dieses Mal, um Behinderte unter Behinderten gleicher zu stellen.
Mir konnte auch noch niemand schlüssig darlegen, weshalb 'die' Behinderten 'die besseren' Berater_innen sein sollen, zumal ja die Beratung nicht neutral sein kann, da die Befangenheit qua eigener Behinderung vorhanden ist.
Besser ist es, dass nach dem Gusto von Miles-Paul anvisierte Bundesteilhabegesetz zu beerdigen, als aufsteigen zu lassen.
Von Sabine Fichmann
Na dann werden ja die Werkstätten wie Pilze aus dem Boden schießen, wenn auch die Menschen mit voller Erwerbsminderung plötzlich vorrangig die Teilhabe am Arbeitsleben erhalten sollen (da sie ja dann "arbeitsfähig" erklärt werden) , während ihnen die Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft damit wirksam und wohl auch gewollt verwehrt bleiben wird.
Vielleicht sollte man auch im gleichen Atemzug Blinde für sehend und Gehörlose für hörend erklären- spart Blinden- und Gehörlosengeld (Ironie).
Selbst der größte Optimist sollte gemerkt haben, dass es unter dem Deckmäntelchen eines "guten Teilhabegesetzes" einzig um Umverteilung der "begrenzten Ressourcen" geht, zu Lasten der erwerbsunfähig behinderten Menschen. Solange dieses Teilhabegesetz "so ausgestaltet wird, dass daraus keine neue Ausgabendynamik entsteht" kann es nur nach dem Prinip "Dem einen wirds genommen, dem anderen gegeben" funktionieren.
Unser Sohn bedankt sich jetzt schon für die kommenden Verschlimmbesserungen!
Von Gisela Maubach
„Menschen mit Behinderung und ihre Verbände werden wie auch die weiteren betroffenen Akteure von Anfang an und kontinuierlich am Gesetzgebungsprozess beteiligt.“
Zitat-Ende
Behinderte Menschen, die so schwer behindert sind, dass sie sich nicht selbst vertreten können, werden also durch „ihre“ Verbände am Gesetzgebungsprozess beteiligt.
Dass dies sogar auf eine zunehmende Einrichtungsgebundenheit für Schwerstbehinderte hinsteuert, erkennt man u.a. an diesem „Werkstattgespräch“, zu dem das BMAS eingeladen hatte und das als „Auftaktveranstaltung für den Dialog mit allen Beteiligten über die Reform der Eingliederungshilfe“ beschrieben wurde:
http://www.bagwfbm.de/article/1875
Abgesehen davon, dass die Kostenneutralität „den Faden für die Reform darstellen“ soll, wird ein dauerhafter Nachteilsausgleich aus den Mitteln der Eingliederungshilfe für sozialversicherungspflichtige Arbeitsverhältnisse behinderter Menschen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abgelehnt – und zwar mit dem Hinweis auf die volle Erwerbsminderung der Betroffenen!
Die BAG WfbM setzt sich „entschieden“ dafür ein, dass der Begriff „Mindestmaß wirtschaftlich verwertbarer Arbeitsleistung“ abgeschafft wird, so dass auch alle (!) arbeitsUNfähigen Menschen einen Rechtsanspruch auf einen Werkstattplatz hätten – also 20 Prozent mehr als bisher.
Dieser Rechtsanspruch würde aber gleichzeitig auch zu einer Werkstatt-Pflicht führen, weil die Werkstatt der einzig mögliche Arbeitgeber für einen arbeitsUNfähigen Menschen ist, so dass auch ein Persönliches Budget für diese Menschen ausscheidet, denn die Leistung „Teilhabe am Arbeitsleben“ ist vorrangig gegenüber der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft.
Leider wird immer noch nicht zur Kenntnis genommen, dass die Werkstatt-Gruppen, in denen geistig schwerstbehinderte Menschen unter sich betreut werden in aller Regel deutlich größer sind als Gruppen in Tagesförderstätten.
Diejenigen Verbände, die gleichzeitig auch Träger der Werkstätten sind, dürften kaum ein Interesse an einem Selbstbestimmungsrecht schwerstbehinderter Menschen haben, denn die „Eingliederungshilfe“, die die Werkstatt für schwerstbehinderte Menschen erhält, ist wesentlich höher als die für leichter behinderte.
Hinzu kommt, dass das „Arbeitsentgelt“, das aus dem erwirtschafteten Arbeitsergebnis der Werkstatt zu verteilen ist, für jeden Beschäftigten geringer wird, wenn diejenigen, die den Gewinn erwirtschaften, ihren Lohn mit den arbeitsUNfähigen Menschen in den „heilpädagogischen“ Gruppen teilen müssten.
Um weiterhin wirtschaftlich zu bestehen, müssten die Werkstätten also gleichzeitig auch ein Interesse daran haben, die leistungsfähigen Menschen bei sich zu behalten, denn irgendwer muss ja die Arbeitsleistung erbringen.
Dass die Träger dieser Einrichtungen nicht gleichzeitig Interessenvertreter der Menschen sein können, die keine Alternative zu diesen Einrichtungen haben, müsste sich eigentlich von selbst verstehen.