Rückenwind aus der CSU

Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

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Bild: CSA

München (kobinet) Rückenwind für die Forderung nach Abschaffung der Anrechnung des Einkommens und Vermögens auf Leistungen für behinderte Menschen kommt nun auch aus der CSU. Der Vorsitzende der Arbeitnehmer-Union (CSA) und bayerische Landtagsabgeordnete Joachim Unterländer und Benedikt Lika, Vorsitzender des Forums "Menschen mit Behinderung" der CSU, haben zum geplanten Bundesteilhabegesetz – insbesondere zu einer Entkopplung von Einkommen und Vermögen bei der Eingliederungshilfe – eine gemeinsame Position entwickelt.

Die Arbeitnehmer-Union der CSU und das Forum "Menschen mit Behinderung" in der CSU setzen sich u.a. für eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung am gesellschaftlichen und Arbeitsleben ein und kritisieren den derzeitigen Arbeitsentwurf des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS). In der Stellungnahme heißt es dazu: "Nach derzeitigen Planungen des BMAS sollen Teilhabeleistungen auch im neuen Bundesteilhabegesetz nicht bedingungslos ausgezahlt werden. Der große Paradigmenwechsel hin zu einer menschenrechtsorientierten Gesetzgebung und Auslegung des Begriffs der Behinderung bleibt somit bei der Reform der Eingliederungshilfe aus. Dies ist eine herbe Enttäuschung für alle in der Inklusionsbewegung engagierten Personen. Handelt es sich doch um eine der Hauptforderungen für ein gleichbe-rechtigtes Leben in der Gesellschaft."

"Eine Einkommens- bzw. Vermögensanrechnung bei Leistungen nach der Eingliederungshilfe bzw. dem neuen Bundesteilhabegesetz sollte unterbleiben. Wir kritisieren die Einschränkung, dass Menschen mit Behinderungen bei Nutzung von Assistenzdiensten nicht mehr als 800 Euro pro Monat verdienen und nicht mehr als 2.600 Euro an Vermögen besitzen dürfen, scharf. Dies widerspricht nicht nur dem Grundgesetz, stellt eine eindeutige Diskriminierung dar und führt schlussendlich in eine unverschuldete Altersarmut. Dies ist im Jahre 2016 nicht mehr zeitgemäß und seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention 2009 nicht mehr akzeptabel", heißt es in der Stellungnahme aus der CSU.

Es gehe hierbei nicht um Almosen, die an Menschen mit Behinderungen gegeben werden sollen, sondern um die Teilhabe und Einbringung der Arbeitskraft von Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft. Dies könne ein Baustein sein, den vielzitierten Fachkräftemangel abzufedern. "Dieses Potential wird bis dato zu wenig abgerufen. Die Wirtschaft muss zunehmend erkennen, dass Menschen, die 'nur' zu einem Dreiviertel der Normalleistung fähig sind, viel mehr leisten, als wenn sie frühverrentet überhaupt nicht zur Wertschöpfung beitragen können. Die Politik muss hierfür jetzt die richtigen und notwendigen Weichen stellen. Zudem bietet der Ausbau von Assistenzangeboten einen positiven Effekt im Hinblick auf den Arbeitsmarktsektor. Hierbei entsteht ein großes Feld für sozialversicherungspflichtige Berufe im Dienstleistungssektor", heißt es weiter in der Stellunganhme.

Die turnusmäßig, bürokratisch bedingte Kontrolle des Anspruchs auf Eingliederungshilfe nach dem bisherigen Sozialhilfegesetz binde regelmäßig Personal und verursache seit 2011 Kosten in Höhe von 1,8 Milliarden Euro. Inklusion gäbe es nicht zum Nulltarif. Aber der gesamtgesellschaftliche Nutzen sei nicht allein mit Geld aufzuwiegen. Eine vollständige Abschaffung des Einkommens- und Vermögenseinsatzes würde nach Schätzungen der Arbeitsgruppe "Bundesteilhabegesetz" bundesweit Mehrkosten von etwa 410 Millionen Euro bis 580 Millionen Euro jährlich bedeuten. Den prognostizierten Assistenzkosten stehe aber der volkswirtschaftliche und gesellschaftspolitische Nutzen der Inklusion am Arbeitsmarkt gegenüber, betonen die CSU-Politiker. Insbesondere das BMAS, aber vor allen Dingen auch die Bundes- und Landespolitik werden daher von ihnen aufgefordert, diesen vorgeschlagenen Weg bei der Einführung eines Bundesteilhabegesetzes zu berücksichtigen.

Die Stellungnahme aus den Reihen der CSU aus Bayern schließt sich an andere Aktivitäten in der Union an. Im September hatte die CDU Niedersachsen bereits einen Antrag der Christlich Demokratischen Arbeitnehmerschaft (CDA) einstimmig bei ihrem Parteitag angenommen, in dem ebenfalls die Abschaffung der Anrechnung des Einkommens und Vermögens gefordert wird. (siehe kobinet-nachrichten vom 2.10.2015)

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Lesermeinungen zu “Rückenwind aus der CSU” (4)

Von Georg Claus

Der Entwurf ist einfach grottenschlecht, voller Fehler! Copy Paste und Chaos vom Feinsten. Die Verursacher verdienen ein Schweinegeld und liefern sowas ab! Setzen 6!
Oder es ist Absicht, denn die Kommentare sind das Gegenteil vom Gesetzestext. Als würde man damit rechnen, das die Gremien und Abgeordneten nur den schönen Kommentar lesen und das Gesetz nicht. Dann ist es beschlossen und in der Welt. Dieses Ding öffnet auch weiter den Weg für massive Schikane und Diskriminierung. Es werden mit dem Gesetz auch weiterhin Menschen nach "arbeitsfähig und nicht arbeitsfähig" aussortiert und letztere benachteiligt, da ja nur Erwerbseinkommen privilegiert werden. Und es ist absehbar, auch weiterhin die Leute, wenn es geht, in die Pflege gedrückt, um Geld zu sparen. In der Pflegeversicherung wird es ja in Zukunft auch Teilhabeleistungen geben. Auch der Partner ist nicht wirklich raus! Immerhin haben die, die in einem Heim der Eingliederungshilfe leben, in Zukunft das Recht auf Grundsicherung. Natürlich mit den üblichen Folgen des SGB XII. Und Menschen in der WfBM dürfen ganze 26€ mehr behalten. Wow! Ich bin ersetzt über diesen dreisten Entwurf, der zeigt, wie die Betroffenen mit schönen Reden und "Beteiligung" verarscht werden, weil man es kann.

Ziel war es ja, nicht mehr ausgeben zu müssen als bisher. Wie? Soziale Teilhabeleistungen in Form von Assistenz sind nur dann im Rahmen des SGB 9 verortet, wenn sie von Fachkräften durchgeführt wird. Also ein pädagogisches Ziel haben. So wie jetzt auch. Selbstbestimmung mit Heilerziehern & Co! Es muss hier auch erwähnt werden, dass es kaum Fachkräfte gibt...

Was mich am meisten aufregt, ist, wie unverschämt schlecht sie ihre Verachtung ggü Menschen mit Behinderung "kaschieren". Ich bin so derart wütend...
So viel Unverfrorenheit an Verachtung passt doch. Und dann so schreiben, dass nicht mal Fachanwälte durchblicken.

Von XYungeloest

Vieles bleibt XY ungeloest!

Von Madevihotepa82

Der niedrige Verdienst in den Werkstätten, scheint übrigens von Seiten der Werkstätten forciert wie ebenso gewollt zu sein. Die behinderten Menschen sind für diese das kapital, und genau deswegen auch bewegt sich da überhaupt nichts. Die Werkstätten verstoßen gegen geltendes Menschenrecht. Das neue Bundesteilhabegesetz sollte dafür sorgen, das Werkstätten entweder revolutioniert oder sogar ganz, wenn möglich - abgeschafft werden. Die Werkstätten für behinderte Menschen erhalten von dem zuständigen Rehabilitationsträger zur Auszahlung an die im Arbeitsbereich beschäftigten behinderten Menschen zusätzlich zu den Vergütungen nach § 41 Abs. 3 ein Arbeitsförderungsgeld. Damit wird überdeutlich, was ein mieses Spiel mit den Beschäftigten eigentlich und wirklich betrieben wird. Denn das Arbeitsförderungsgeld liegt bei 26€ plus dem Grundgehalt von 75€ ((§ 138 Abs. 2 SGB IX), was übrigens der Staat bezahlt - und somit wäre man bei 101€ angekommen. Und Obacht: Das bezahlt ersteinmal der Staat! In den ersten zwei Jahren, im sgt. Eingangsbereich, genauer gesagt dem - BBB, also Berufsbildungsbreich, wo niemand ernsthaft ausgebildet wird - bezahlt die Werkstat keinen einzigen CENT selber, unglaublich oder? Es ist so unfassbar was auf deutschem Boden mit behinderten Menschen betrieben wird. Das aber würde gleichzeitig ebenso bedeuten und beinhalten, das ihr Sohn richtiggerweise gesagt nur 10€ im Monat von der Werkstatt (selber) erhält. An ihrer Stelle würde ich mal mit jemanden dort Zuständigen sprechen; also die Situation erörtern und falls es nichts einbringt, beim Sozialamt Beschwerde einlegen oder dem Rentenversicherungsträger davon etwas mitteilen. Denn umso mehr von den miesen Praktiken Bescheid wissen und davon etwas die breite Öffentlichkeit erreicht, umso besser für all die Beschäftigten, die klein gehalten werden.

Von Sphinx

Was ist denn mit den schwerbehinderten Menschen? Sollen die weiterhin auf Großeinrichtungen verwiesen werden bei skandalös niedrigem Verdienst in den Werkstätten oder Tagesstätten?
Dort wird ebenso klasse Arbeit verrichtet; schließlich gibt die Wirtschaft Aufträge an die Werkstätten?

Was ist mit den Schwerstbehinderten, die in einer Tagesstätte sind und am Werkstattbetrieb als TagesstättennutzerInnen teilnehmen? Wird hier eine Trennung von den Behinderten betrieben, die von sich sagen, leistungsfähig im Sinne sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung und deren Wahrnehmen zu sein?