Mahnwache führt zu erstem Dialog in Bayern

Veröffentlicht am von Andreas Vega

Mahnwache vor Staatsministerium
Mahnwache vor Staatsministerium
Bild: Erwin Brandl

München (kobinet) Die Mahnwache am bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales von Aktivisten der Initiative #nichtmeinGesetz hat gestern um 14:00 Uhr begonnen. Die Aktion, die offiziell angemeldet wurde, wirkte bereits bevor sie begann.

Bereits am Montag, an dem die Aktion in kobinet angekündigt wurde, bot Ministerialdirigent Burkhard Rappl aus dem Referat IV (Teilhabe für Menschen mit Behinderung, Soziale Hilfen) aus dem Staatsministerium einen Gesprächstermin an. Ebenso versicherte die Beauftragte der bayerischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung Irmgard Badura in einer Pressemitteilung ihre Unterstützung für Protestaktionen bezüglich des Referentenentwurfes des Bundesteilhabegesetzes.

Um 16:00 Uhr wurde die gestrige erste Mahnwache beendet. Um 17:00 Uhr trafen sich eine Delegation der DemonstrantInnen und VereinsvertreterInnen vom VbA-Selbstbestimmt Leben e.V., VIF und NITSA mit Burkhard Rappl und anderen Mitarbeiterinnen aus dem Referat IV, um ihre Positionen zum Referentenentwurf auszutauschen. Dabei überreichten die AktivistInnen mehrere Positionspapiere, sowie die Stellungnahme des Forums behinderter JuristInnen und Beispielrechnungen von NITSA zur Anrechnung von Einkommen und Vermögen. Im Gesprächsverlauf erläuterten die DemonstrantInnen die Auswirkungen des Referentenentwurfes, sollte er so in Kraft treten. Sie betonten, dass sie unter diesen Umständen das Bundesteilhabegesetz nicht haben wollten und keinerlei Fortschritte in Richtung Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention erkennen könnten.

Die VertreterInnen des bayerischen Staatsministeriums für Arbeit und Soziales sahen dies freilich anders und bekräftigten ihre Ansicht, dass mit diesem Bundesteilhabegesetz ein großes und wichtiges Vorhaben für einen Wechsel der Behindertenpolitik in Richtung Selbstbestimmung und Teilhabe erfolgen kann. Selbstverständlich müssten einige Punkte noch diskutiert werden, was in dem parlamentarischen Verfahren sicher noch möglich wäre. Sollte dieses Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht in Kraft treten, dann befürchte man, dass für lange Zeit Stillstand in der Behindertenpolitik eintreten werde. Das Ministerium selber würde sich für Fortschritte in der Behindertenpolitik und für ein gutes Bundesteilhabegesetz einsetzen, stoße aber immer wieder bei Finanzpolitikern an harte Grenzen. Deswegen sei das Ministerium auch nicht der richtige Adressat für Proteste. Es wurde vereinbart, dass man sich vorm Ende des parlamentarischen Prozesses auf jeden Fall noch einmal zu einem Austausch treffen werde.

Zum Ende des Gespräches erläuterte ein Mitarbeiter des Büros der bayerischen Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderung, dass Frau Badura die Proteste unterstütze und hoffe, damit einen Dialog in Gang zu bringen. Die Mahnwache vor dem bayerischen Sozialministerium wird noch bis zum 22. Juni jeweils von 14.00 - 16.00 Uhr an Arbeitstagen fortgesetzt. Heute stellen stellen sich die Aktiven von 14.00 - 16.00 Uhr an die Zufahrt zur Tiefgarage (Schellingstr./Ecke Winzererstr.) auf und ketten sich dort an. Diverse Schilder und ein großes Transparent machen deutlich, worum es den ProtestiererInnen geht. 

Auch in Berlin wurde gestern die Mahnwache gegen den Referentenentwurf zum Bundesteilhabegesetz vor dem Bundesministerium für Arbeit und Soziales fortgesetzt. Heute trifft man sich dort wieder von 16.00 - 17.30 Uhr. Die Mahnwache in Berlin soll bis zum 27. Juni fortgesetzt werden. Am 28. Juni wird dann voraussichtlich das Kabinett über den Gesetzentwurf entscheiden, so dass dieser dann dem Deutschen Bundestag und dem Bundesrat zugeleitet wird.

Lesermeinungen zu “Mahnwache führt zu erstem Dialog in Bayern” (2)

Von Prientaler

Na so was!

"Selbstverständlich müssten einige Punkte noch diskutiert werden, was in dem parlamentarischen Verfahren sicher noch möglich wäre."
--> Oh, ein Bedingungssatz der Unwahrscheinlichkeit!!! Wieso sollte es im Parlament noch so wesentliche Änderungen geben, wenn die Koalition dem Entwurf schon im Kabinett zugestimmt hat? Die Mehrheiten sind doch die gleichen.
Das ist Augenwischerei.

"Sollte dieses Gesetz in dieser Legislaturperiode nicht in Kraft treten, dann befürchte man, dass für lange Zeit Stillstand in der Behindertenpolitik eintreten werde."
--> Wieso? Würde die Politik dann keine Lust mehr auf wichtige und vernünftige Veränderungen habe? Klingt nach Arbeitsverweigerung... Ich fürchte eher: Wenn dieses Gesetz so in Kraft tritt, werden danach für lange Zeit keine Veränderungen zum Besseren mehr möglich sein! Dann wird die Politik sage: Jetzt haben wir doch schon so viel für euch getan. Wartet doch einfach mal ab, welche Erfahrungen wir damit sammeln.

Nicht aufgeben!!!

Von Parteienkritiker

"Man kann ja als Sozialpolitiker nicht anders, weil die Finanzpolitiker ja alles wieder verhindern..."? Deartige Sprüche haben wir uns doch in der Vergangenheit doch öfters angehört! Die Mahnwachen und Protestaktionen gehören ausgeweitet mindestens vor die Finanzministerien der Länder und des Bundes, sowie natürlich vor andere Institutionen von Blockierern (wie z. B. Deutscher Städtetag, Deuscher Landkreistag, DIHK, BDA, BDI, ...). Nur auf die "sozialpolitische Schiene" resp. die SozzialpolitikerInnen zu setzen, reicht nicht. Inklusion ist eine gesamtgesellschaftliche und -fiskalische Aufgabe, welche nicht einfach nur von bei ein paar "Sozialfuzzis" in Politik und Verwaltung betrieben werden darf! Uns reicht die Geduld mit solchen Hinhaltetaktiken!