Erlebnisnachmittag mit Pferd

Veröffentlicht am von Hartmut Smikac

Glückliche Gesichter bei den Teilnehmenden
Glückliche Gesichter bei den Teilnehmenden
Bild: ZNS – Hannelore Kohl Stiftung / Fotograf: Thomas Kießling

Frechen (kobinet) Bereits zum zweiten Mal fand auf Einladung der Gold-Kraemer-Stiftung ein Erlebnisnachmittag der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung in Frechen statt. Das Pferdesport- und Reittherapie Zentrum (PRZ) bot den Rahmen für dieses besondere Angebot. Beratung, Aufklärung, aber auch körperliche Aktivitäten und Aufbau von neuen Kontakten standen im Mittelpunkt. Damit unterstützt die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung Patienten*innen, Impulse und Ideen zu entwickeln, wie das Leben auch nach einer Hirnverletzung aktiv gestaltet werden kann. „Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ist es oft das erste Mal, dass sie sich nach Klinik- und Reha-Aufenthalt in einer Gruppe bewegen und mitteilen. Deshalb bieten wir auch Folgetermine an, damit aufgebaute Kontakte gepflegt und gemachte Erfahrungen intensiviert werden können“, erklärt die Geschäftsführerin der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung, Helga Lüngen.

Eine schwere Verletzung des Gehirns ist für betroffene Personen und ihre Angehörigen ein tiefgreifendes traumatisches Erlebnis, das sie zu einer Neuorientierung in allen Lebensbereichen zwingt. Den Betroffenen droht der Verlust sozialer Kontakte und des ausgeübten Berufs. Damit das Leben nach dem schweren Unfall wieder gelingen kann, benötigen sie eine verlässliche Begleitung vom Klinikaufenthalt über die Rehabilitationsmaßnahmen bis hin zur Wiedereingliederung in ihren neuen Alltag. Es sind oft nur Bruchteile von Sekunden, die Menschen aus ihrem sozialen und beruflichen Umfeld herausreißen. Bei Maren Gothen passierte es im zarten Alter von elf Jahren. Sie verunglückte im Auto mit ihrer ganzen Familie. Der kleine Bruder verstarb. Die Mutter erlitt wie Maren ein schweres Schädelhirntrauma, der Vater wurde ebenfalls schwer verletzt. Nach langer Rehabilitation gelang ihr der Realschul-Abschluss, im Anschluss eine zweijährige Ausbildung zur Staatlich geprüften Sozialhelferin. Mehrere Jahre arbeitete sie in diesem Beruf in der Betreuung von Menschen mit erworbener Hirnschädigung. Jetzt, im Alter von 34, gefestigt durch einen Lebensgefährten, will sie sich beruflich weiterentwickeln und macht an einer Abendschule das Abitur. Der Erlebnisnachmittag mit den Pferden endete für sie mit ihrem ganz persönlichen Fazit. „Das ganze Klima gruppenintern fand ich spitze.“

So, wie Maren Gothen, geht es vielen Menschen mit einer erworbenen Hirnschädigung. Ihre kognitiven Probleme sind für andere Menschen nicht sichtbar. Aufklärung ist deshalb unerlässlich. Helga Lüngen weiß um die Herausforderungen für diese Patienten*innen: „Man setzt ihre Verletzung gleich mit einer geistigen Behinderung. Deshalb gibt es noch viel zu wenig Angebote für eine an das Schädigungsbild angepasste Wiedereingliederung.“ Die ZNS – Hannelore Kohl Stiftung gibt Unfallopfern und Angehörigen in ihrer schweren Situation Orientierung. Durch ein bundesweites Netzwerk fördert sie den Kontakt unter Patienten und Angehörigen.

Am vergangenen Wochenende begeisterten 30 schädelhirnverletzte Menschen im Alter von 18 bis 39 Jahren aus ganz Deutschland auf der Anlage des PRZ die Angebote auf und mit dem Pferd. Das Team des PRZ bot mit Hilfe der speziell geschulten Pferde den Patienten*innen die Möglichkeit, den eigenen Körper, trotz der zum Teil erheblichen Einschränkungen, positiv zu erleben und neue Erfahrungen zu machen. Die Gruppe konnte sich außerdem im Bogenschießen erproben und wurde dabei professionell angeleitet von den Bogenschützen der Deutschen Sporthochschule Köln. „Wir freuen uns, Rahmenbedingungen geschaffen zu haben, die es Partnern wie der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung ermöglicht, für ihre Zielgruppe passende Angebote zu realisieren“, resümiert Dr. Volker Anneken, Fachgeschäftsführer der Gold-Kraemer-Stiftung.

Wichtiger Partner der ZNS – Hannelore Kohl Stiftung ist die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV). Gemeinsam haben beide Organisationen Hilfeangebote wie Seminarwochenenden für Betroffene und Angehörige entwickelt. Dabei greifen sie auf das Erfahrungswissen der Berufsgenossenschaften und Unfallkassen bei der Versorgung nach Arbeitsunfällen zurück. „Die gesetzliche Unfallversicherung sorgt umfassend für ihre Versicherten. Sie kümmert sich nicht nur um die Heilbehandlung, sondern steuert auch die berufliche und soziale Rehabilitation,“ so Helga Lüngen. Daher fordert sie vom Gesetzgeber für alle Unfallopfer einen unverzüglichen Übergang in eine an die Beeinträchtigungen angepasste Rehabilitationsmaßnahme. Zu häufig, so Lüngen, sei Reha noch eindimensional angelegt: „Es fehlt an Teilhabe und an Begleitung zurück in die Gesellschaft.“ Hier kann Sport ein wichtiges Instrument sein.