Wieder eine verpasste Chance

Veröffentlicht am von Franz Schmahl

Dr. Sigrid Arnade
Dr. Sigrid Arnade
Bild: HGH

Berlin (kobinet) Die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) hat den Entwurf der Muster-Beherbergungsverordnung heute als "verpasste Chance" und "geplante Verschärfung des Mangels" kritisiert. "Die Regelungen des Entwurfs beziehen sich nicht auf bestehende Beherbergungsbetriebe, sondern auf neue Bauvorhaben", so ISL-Geschäftsführerin Dr. Sigrid Arnade in ihrer Stellungnahme an die Bauministerkonferenz. "Obwohl bekannt ist, dass bei Neubauten eine barrierefreie Ausgestaltung kaum Mehrkosten verursacht, wird dennoch die Zahl der barrierefrei durch rollstuhlnutzende Personen zu erreichenden Betten auf (mindestens) ein Prozent begrenzt." Das ist nach Ansicht der ISL mehr als unverständlich, da bekannt sei, dass es in diesem Bereich einen eklatanten Mangel gibt, der angesichts des demographischen Wandels zunehmen wird. Mit vorausschauender zukunftsorientierter Planung habe dies jedenfalls nichts zu tun.

Ein großes Problem vieler Behindertenorganisationen, so wird in der Stellungnahme weiter ausgeführt, sei auch die Suche nach Tagungshäusern, in denen mehr als zehn rollstuhlfahrende Personen untergebracht werden können. Angesichts des vorliegenden Vorschlags ist nach Ansicht der ISL kaum damit zu rechnen, dass sich dieses Problem in absehbarer Zeit entschärfen lässt.

So habe die BRK-Allianz, ein Zusammenschluss von fast 80 Organisationen, der gemeinsam einen Parallelbericht zum Staatenbericht zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention geschrieben hat gefordert, dass private Rechtsträger, die Einrichtungen und Dienste für die Allgemeinheit bereitstellen, gesetzlich zur Barrierefreiheit verpflichtet werden.

"Wir empfehlen, den Text der Verordnung unter Einbeziehung betroffener ExpertInnen und aktueller Statistiken neu zu formulieren", sagt Arnade. "Des Weiteren empfehlen wir Schulungen zur UN-Behindertenrechtskonvention und ihre Umsetzung in die Praxis für alle Menschen, die direkt oder indirekt mit dem Thema Behinderung oder/und Barrierefreiheit befasst sind."