Empowerment-Schulungen der ISL - Was ist genau geplant?

Veröffentlicht am von Franz Schmahl

Empowerment-Rakete
Empowerment-Rakete
Bild: Wiebke Schär (ISL)

Berlin (kobinet) Partizipation durch Empowerment lautet der Titel eines Modellprojektes, das die Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL) derzeit mit Unterstützung des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales veranstaltet. Dabei geht es um Empowerment-Schulungen für Menschen mit Behinderungen zur effektiven Partizipation bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Ottmar Miles-Paul, der die Schulungen und das Projekt koordiniert, sprach mit dem Berliner kobinet-Korrespondenten.

kobinet-nachrichten: Wie kam es zu dem neuen Projekt und was habt ihr da genau vor?

Ottmar Miles-Paul: In der UN-Behindertenrechtskonvention spielt die Partizipation, also die gezielte Beteiligung behinderter Menschen an den nötigen Veränderungsprozessen eine zentrale Rolle. In Deutschland haben wir noch viel zu tun, um diesem Anspruch gerecht zu werden. So kam die Idee für ein solches Projekt auf und wurde letztenendlich vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales unterstützt. Konkret wollen wir Menschen mit unterschiedlichen Behinderungen und verschiedenen Diskriminierungserfahrungen Schulungen anbieten, damit diese sich besser in die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention einmischen und etwas verändern können. Deshalb haben wir als Titel für die Empowerment-Schulungen auch "Stärker werden und etwas verändern!" gewählt. Und genau darum soll es gehen, dass behinderte Menschen sich gegenseitig stärken und sich dabei unterstützen, im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention ganz konkret etwas zu verändern. Das soll Spaß machen, wird aber sicher auch harte Arbeit, denn wer etwas verändern will, muss auch lernen, wie dies am besten erreicht werden kann.

kobinet-nachrichten: Also eine sehr politische Schulung?

Ottmar Miles-Paul: Das persönliche Empowerment, also sich selbst zu stärken, seine Fähigkeiten zu erkennen und auszubauen und für sich persönlich etwas zu verändern, spielt bei Empowerment-Schulungen natürlich eine wichtige Rolle, so auch bei diesen Kursen. Wir wollen aber über das Persönliche hinaus gehen und behinderte und chronisch kranke Menschen dabei unterstützen und ermutigen, die Welt um sich herum konkret im Sinne der UN-Behindertenrechtskonvention zu verändern. "Change yourself to change the world", also "verändere dich selbst, um die Welt zu verändern" lautet ein alter Spruch von Mobility International, der auch für diesen Kurs zutrifft. Deshalb ist ein fester Bestandteil der Schulungskurse, dass die TeilnehmerInnen natürlich mit Hilfe der TrainerInnen ein kleines Projekt zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention entwickeln und dies im Laufe der Schulungen umsetzen. Das ist also sehr politisch.

kobinet-nachrichten: Wie viele Schulungen gibt es denn genau?

Ottmar Miles-Paul: Jeder Schulungskurs besteht aus vier Wochenendseminaren, die aufeinander aufbauen und an denen die TeilnehmerInnen mitwirken müssen.

kobinet-nachrichten: Die ersten Schulungen gibt es in Mainz. Werden weitere Schulungskurse an anderen Orten stattfinden?

Ottmar Miles-Paul: Ja, die ersten Kurse finden Ende März, im Mai, September und November in Mainz für behinderte und chronisch kranke Menschen aus Rheinland-Pfalz, dem Saarland und aus Baden-Württemberg statt. Hierfür läuft die Bewerbungsfrist noch bis zum 22. Februar. Darüber hinaus wollen wir in vier weiteren Regionen Deutschlands und damit für VertreterInnen aus allen anderen Bundesländern jeweils Schulungen an vier Wochenenden über einen Zeitraum von 7-9 Monaten durchführen. Neben Mainz also noch in Erfurt, Bremen, Düsseldorf und Berlin. Wir haben extra Landes- bzw. die Bundeshauptstadt gewählt, um möglichst nah an der Politik und Verwaltung sein zu können. Dabei streben wir u.a. eine enge Zusammenarbeit mit den Behindertenbeauftragten der Länder und des Bundes an.

kobinet-nachrichten: Was habt ihr in den Schulungen genau vor, wenn es Ende März losgeht?

Ottmar Miles-Paul: Vom 28. - 30. März geht es endlich mit dem neuen Projekt so richtig los. Wir werden dabei natürlich die Grundzüge der UN-Behindertenrechtskonvention und der Menschenrechte allgemein vermitteln. Wir werden lernen, wie man eine gute Öffentlichkeitsarbeit macht, Kommunikationstechniken vermitteln und üben und wir werden verschiedene Themen, die behinderte Menschen betreffen, intensiv bearbeiten. Die Projekte der TeilnehmerInnen werden entwickelt und gemeinsam begleitet und wir werden die Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Vertreterinnen und Vertretern aus der Politik und Verwaltung zusammen bringen. Wichtig ist dabei für uns auch der Blick über den eigenen Tellerrand hinweg, also auf das Thema Menschenrechte allgemein und das Engagement über den Bereich Behinderung hinaus in der Gesellschaft.

kobinet-nachrichten: Das klingt nach einem strammen Programm?

Ottmar Miles-Paul: Ja, wir wollen die Möglichkeit für die Schulungen natürlich so gut wie möglich nutzen. Wir wollen dabei das individuelle Lernen in den Mittelpunkt stellen und dafür auch Raum geben. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sollen nach ihren eigenen Möglichkeiten und dem eigenen Tempo so barrierefrei wie möglich und in verständlicher Sprache lernen, um das Beste für sich herausziehen zu können. Denn am Ende sind es die Teilnehmerinnen und Teilnehmer, die die Zukunft der UN-Behindertenrechtskonvention mitgestalten. Dabei hoffen wir natürlich, dass wir viele engagierte BewerberInnen bekommen.

kobinet-nachrichten: Gibt es denn schon viele Bewerbungen?

Ottmar Miles-Paul: Ja, das Schulungsangebot für den ersten Kurs stößt bereits auf großes Interesse und pro Schulungskurs können wir nur 15 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aufnehmen. Es lohnt sich aber auf jeden Fall noch für behinderte und chronisch kranke Menschen, die in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz oder im Saarland wohnen, sich für den Kurs in Mainz zu bewerben. Denn das Modellprojekt ist hoffentlich nur der Auftakt solcher Empowerment-Schulungen und für diejenigen, die dieses Mal nicht teilnehmen können, bietet sich vielleicht später einmal eine Chance. Der nächste Kurs, der in Erfurt für behinderte und chronisch kranke Menschen aus Bayern, Hessen, Thüringen und Sachsen-Anhalt stattfindet, wird zudem in Kürze ausgeschrieben.

Nähere Informationen gibt's unter http://www.isl-ev.de/index.php/de/aktuelles/projekte/empowerment-schulung