Selbsthilfegruppenarbeit wirkt
Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul
Wuppertal (kobinet) Selbsthilfegruppenarbeit wirkt. Sie bedeutet für diejenigen, die in einer Selbsthilfegruppe (SHG) aktiv sind, psychosoziale Entlastung und Sicherheit, und sie verhilft zu einer hohen Tinnitus-bezogenen Gesundheitskompetenz. Dies ergab die Studie "Evaluation der Wirksamkeit von Selbsthilfegruppenarbeit in der Deutschen Tinnitus-Liga e. V. (DTL)".
Die Studie wurde von der Deutschen Tinnitus-Liga und dem Institut für Medizinische Soziologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf durchgeführt und wurde von der IKK classic gefördert. In der Studie, die im Mai 2012 startete und Fragebögen von rund 1.000 Mitgliedern der Deutschen Tinnitus-Liga auswertete, wurde untersucht, ob und wie sich Selbsthilfegruppen (SHG) auf Gesundheit, Krankheitsbewältigung und Lebensqualität auswirken. Zum einen sollte die Bewertung der SHG-Arbeit durch die Mitglieder der regionalen Selbsthilfegruppen dargestellt werden. Zum anderen sollten die Unterschiede zwischen den SHG-Mitgliedern und Tinnitus-Betroffenen aus der DTL, die nicht in einer SHG aktiv sind, herausgearbeitet werden. Untersucht wurden hierbei die Tinnitus-bezogene Gesundheitskompetenz, Selbstwirksamkeit, Lebensqualität und die Frage, wie gut jemand mit seiner Erkrankung leben kann. Ein Ziel war außerdem, die Qualitätssteigerung in der Selbsthilfearbeit durch die Qualifizierungsmaßnahmen der ehrenamtlichen SHG-Sprecher, die seit etwa fünf Jahren regelmäßig von der DTL durchgeführt werden, zu belegen.
Die Studienteilnehmer waren zu 60,8 Prozent Männer und im Durchschnitt 63 Jahre alt (die jüngste Teilnehmerin war 24 und die älteste 90 Jahre alt). Die Teilnehmer sind durch ihren Tinnitus sehr stark belastet: 81 Prozent hören den Tinnitus dauerhaft ohne Unterbrechung, und auch die Tinnitus-Lautheit plagt mehr als jeden Dritten. Von den befragten Personen waren 215 DTL-Mitglieder in einer Selbsthilfegruppe aktiv (22 Prozent), 115 waren dies in der Vergangenheit (12 Prozent), 641 haben noch nie eine SHG besucht (66 Prozent).
Die Gruppenmitglieder bewerteten die Organisation innerhalb der SHG, die Öffentlichkeitsarbeit sowie die Kooperationen mit Ärzten und Krankenhäusern als positiv. Für die einzelnen SHG-Mitglieder sind die persönlichen Gewinne von zentraler Bedeutung, beispielsweise das Gefühl, mit seinem Leiden nicht allein zu sein und Unterstützung im Umgang mit dem Tinnitus zu erfahren. Hinsichtlich der Tinnitus-Belastung und der allgemeinen Lebensqualität konnten zwischen den SHG-Mitgliedern und den DTL-Mitgliedern ohne Selbsthilfegruppe keine Unterschiede festgestellt werden. Die Studie zeigte jedoch, dass sich die aktiven Selbsthilfegruppenmitglieder mit Tinnitus und Versorgungsfragen besser auskennen als diejenigen, die keine SHG aufsuchen. Es lässt sich also bei den SHG-Mitgliedern eine höhere Tinnitus-bezogene Gesundheitskompetenz feststellen, und sie können auch besser mit ihrem Tinnitus leben. "Die Selbsthilfegruppen sind demnach wirkungsvolle Lernstätten über und zum Umgang mit Tinnitus – neben der allgemeinen psychosozialen Entlastung, die SHG-Mitglieder erfahren, wenn sie sich in einer Gruppe befinden, die ihren Vorstellungen und Wünschen entspricht", so Studienleiter Dr. Christopher Kofahl vom Institut für Medizinische Soziologie am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf.
"Die Studie zeigt, dass sich Selbsthilfegruppenarbeit für diejenigen, die aktiv sind, lohnt. Die Arbeit in der Selbsthilfegruppe ist für sie sehr wirksam und bedeutet Entlastung, Unterstützung und Sicherheit sowie die Möglichkeit, Gesundheitskompetenz zu erlangen", sagt Michael Bergmann, Geschäftsführer der Deutschen Tinnitus-Liga. Die Untersuchung konnte außerdem insgesamt eine hohe Zufriedenheit unter den DTL-Mitgliedern feststellen: Vereinsorganisation, Vorstand und DTL insgesamt erfahren eine hohe Zustimmung – 87 bis 89 Prozent der Befragten sind zufrieden bis sehr zufrieden. Den höchsten Zuspruch findet die vierteljährlich erscheinende Mitgliederzeitschrift Tinnitus-Forum mit 90 Prozent, heißt es in einer Presseinformation der Deutschen Tinnitus-Liga zur Studie.