Den Tatsachen ins Auge geblickt

Veröffentlicht am von Andreas Vega

Porträtfoto Andreas Vega
Porträtfoto Andreas Vega
Bild: Andreas Vega

Berlin/München (kobinet) Eine Ansammlung von Veranstaltungen haben Andreas Vega aus München vergangene Woche nach Berlin getrieben. Der 5. Mai, unser europäischer Protesttag zur Durchsetzung unserer Rechte, der 6. Mai, Jahresempfang der Bundesbehindertenbeauftragten Verena Bentele und der 7. Mai, eine Veranstaltung der SPD-Fraktion mit dem Titel "Inklusion muss gelingen." Dies hat den Streiter für die Selbstbestimmung behinderter Menschen zu einem Kommentar für die kobinet-nachrichten veranlasst.

Kommentar von kobinet-Korrespondent Andreas Vega

Eine anstrengende Reise, doch mein Bedürfnis mich für unsere Rechte und unsere Forderungen einzusetzen, lassen mich oft kilometerweit reisen und Kräfte entwickeln, über die ich mich manchmal selber wundere. Eingeladen war ich vom Berliner Behindertenverband und der Initiative Daheim statt Heim (allen Organisatoren noch mal einen herzlichen Dank), um ein paar Worte beim Bundeskanzleramt zu sprechen und mit dem lautesten Megaphon Deutschlands für Stimmung zu sorgen. Ein Hinweis in eigener Sache, am Montagabend überfiel mich eine sehr schmerzhafte Blasenentzündung, so etwas hatte ich noch nie! Mein eigener Eindruck war, dass meine anspornende Rede vor dem Bundeskanzleramt aus diesem Grund sehr kraftlos wirkte. Die ersten Worte waren völlig verhudelt, die Leserinnen und Leser der kobinet-nachrichten, die anwesend waren, bitte ich an dieser Stelle um Entschuldigung. Über die Veranstaltung brauche ich an dieser Stelle nicht weiter zu berichten, das wurde hier an anderer Stelle schon getan. Trotzdem möchte ich einige Anmerkungen machen, die hier zu kurz gekommen sind und mich auch nachdenklich und skeptisch machen.

Bei dem Demonstrationszug konnten aufgrund des Streiks der Lokführer der GDL viele Menschen mit Behinderung nicht teilnehmen. Das ist ärgerlich! Es zeigt aber auch, was für eine Auswirkung das Verhalten einer Bundesregierung hat, denen Barrierefreiheit in ihren Sonntagsreden wichtig ist, es aber an der Umsetzung mangelt und die Lobbyisten der Wirtschaft sich in der Vergangenheit durchsetzen konnten. Ich meine damit die Versäumnisse der Bundesregierung bei der Einführung eines neuen Verkehrsmittels – dem Fernbus! Wäre zur Einführung die Barrierefreiheit von Fernbussen von Beginn an verbindlich eingeführt worden, hätten am 5. Mai 2015 in Berlin mehr Menschen an der Demonstration teilgenommen. Es hätten mehr Menschen ein Hotel gebucht, vermutlich wären mehr Menschen zum Essen gegangen und hätten andere touristische Aktivitäten in Berlin unternommen. Es werden also nicht nur die Einschränkung der Mobilität von Menschen aufgrund ihrer Behinderung in Kauf genommen, sondern auch handfeste finanzielle Nachteile für die Wirtschaft.

Dass viel geredet wird, auch bei solchen Veranstaltungen wie der Abschlusskundgebung am Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor, konnten die Demonstranten wieder einmal live miterleben. Eine anspornende Rede von Ottmar Miles Paul, die klarstellende Ansprache über Teilhabe als Menschenrecht von Ilja Seifert und im Anschluss eine Podiumsdiskussion der behindertenpolitischen Sprecherinnen und Sprecher der verschiedenen Bundestagsfraktionen! Diese war allerdings entlarvend.

Am vergangenen Donnerstag erschien an dieser Stelle ein Bericht über den Vorsitzenden von Mobil mit Behinderung (MMB), Heinrich Buschmann, einen wahrhaften und langjährigen Streiter für Mobilität von Menschen mit Behinderung, sowie für die Abschaffung der Anrechnungspraxis des Einkommens und Vermögens auf Teilhabeleistungen. In diesem Bericht bezieht sich Heinrich Buschmann auf eine Forderung und angebliche Aussage des behindertenpolitischen Sprechers der CDU/CSU-Bundestagsfraktion Uwe Schummer, der sich angeblich für eine vollständige Abschaffung der Einkommensanrechnung ausgesprochen hätte. Wer bei der Abschlusskundgebung der Podiumsdiskussion der behindertenpolitischen Sprecher der Bundestagsfraktionen aber genau hingehört hat, durfte vernehmen, dass gerade Herr Schummer sich nicht festlegen lassen wollte. Auf die Nachfrage des Moderators, ob er sich für eine entsprechende Variante eines Teilhabegesetzes einsetzen würde, wich Herr Schummer in politischer Manier geschickt aus: er werde lieber einem Gesetzesentwurf zustimmen, der einige Verbesserungen bringen würde. Das wäre schließlich besser, als dass es überhaupt keine Veränderungen geben würde. Besonders klar und deutlich formulierte lediglich die behindertenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktionen der Grünen, Corinna Rüffer, ihre Unterstützung für ein entsprechend klares Teilhabegesetz.

Nun meine Anmerkungen zu dem am nächsten Tag stattgefundenen Empfang der Bundesbehindertenbeauftragten Verena Bentele. Ich hoffe, dass die Ansprachen der verschiedenen Akteure noch veröffentlicht werden. Denn das Publikum durfte bemerkenswerte Worte hören. Ein Philosoph, der Münchner Professor Doktor Julian Nida-Rümelin trug aus völlig anderen Bereichen mehr als nachvollziehbare Gründe vor, in einer inklusive Gesellschaft leben zu wollen. Er bezog sich dabei auf die Geschichte der Demokratie und der französischen Revolution. Dort sind eben jene Wurzeln der Ideale von Gleichheit und Würde zu finden, die das Fundament von Vielfalt und Inklusion bilden. Ein interessanter Brückenschlag zwischen gelebter Vielfalt und den ursprünglichen Grundideen von Freiheit und Demokratie, wie ich finde.

Die Ansprache von Verena Bentele war brillant. Sie brachte die Forderungen der Behindertenbewegung auf den Punkt und stellte sich klar hinter die Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Ihr gelang es sogar, die Kanzlerin aus dem Konzept zu bringen, die ihre vorbereitete Rede gar nicht mehr wie geplant halten konnte, weil Verena Bentele wichtige Forderungen der Behindertenbewegung in den Ring geworfen hatte. Bis auf einige Zugeständnisse sagte Angela Merkel in ihrem Grußwort eigentlich nichts. Zur Frage der Vermögensanrechnung war sie eher zögerlich bis ablehnend. Ich hatte fast den Eindruck, dass Verena Bentele etwas Ärger mit der Macht bekommen könnte. Angela Merkel lobte die Rede der Bundesbehindertenbeauftragten mit den Worten: mit Frau Bentele hätten die Menschen mit Behinderung eine gute Vertreterin ihrer Interessen, so klare Worte anzubringen sei ja schließlich ihre Aufgabe. Hoffen wir, dass dies nicht der Beginn eines "Weglobens" wird, wie es in der Vergangenheit von Angela Merkel schon des Öfteren zu beobachten war.

Ansonsten gaben sich bei dem Empfang alle oberen Etagen der Politik und der Verwaltung ein Stelldichein, schließlich war die Kanzlerin da. Vor der Macht verbeugen sich fast alle, auch aus dem oppositionellem Lager. Und die meisten der anwesenden Funktionäre von Behindertenverbänden sonnten sich im Antlitz der Macht und des hervorragenden Befehls. Wir sind wichtig! Sehen und gesehen werden – das gilt wohl auch für uns.

Nun eine kurze Einschätzung der Podiumsdiskussion der SPD-Bundestagsfraktion am folgenden Tag. Ich habe darüber in den kobinet-nachrichten berichtet. Auf meine Anfrage bei dieser Diskussion, wie es mit der Abgrenzung zwischen der Eingliederungshilfe und der Hilfe zur Pflege bei dem Wegfall einer möglichen Einkommens- und Vermögensanrechnung geplant sei, bekam ich von der Bundesvorsitzenden der Lebenshilfe und ehemaligen Gesundheitsministerin Ulla Schmidt eine klare Absage. Pflegeleistungen ohne Eigenbeteiligung könne es nach ihrer Ansicht schon aufgrund des demographischen Faktors nicht geben. An diesem Punkt wird es einsam um die Bundesbehindertenbeauftragte Verena Bentele. Meine Nachfrage nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot bei der Versorgung von Hilfsmitteln für Menschen mit Behinderung wurde völlig ignoriert.

Ich schreibe diesen Kommentar, weil ich seit einiger Zeit einen üblen Verdacht habe. Auf allen Veranstaltungen, die sich mit der Entwicklung eines Teilhabegesetzes befassen und auf denen Politiker, Staatssekretäre oder leitende Beamte eines Ministeriums anwesend waren, hörte ich immer nur: "Sie dürfen sich alles wünschen, wir freuen uns dass sie teilhaben und wir setzen den Grundsatz 'Nichts über uns ohne uns' doch um, aber denken Sie daran, es muss kostenneutral sein." Meine Berliner Woche hat mich bestätigt. Wir werden mit Sicherheit ein Teilhabegesetz bekommen, aber vor allem diejenigen, die einen hohen Assistenzbedarf haben, werden in die Röhre gucken. Sie werden sich darüber wundern, dass es trotz einer eventuell veränderten Einkommens- und Vermögensanrechnung keine großartigen Veränderungen gibt. Die Hilfe zur Pflege wird in der Sozialhilfe verbleiben. Doch wir sind selbst schuld. Warum verschwindet der Entwurf der behinderten Juristinnen und Juristen eines Gesetzes zur Teilhabe im Nirwana? Wir haben uns auf eine Reform der Eingliederungshilfe festlegen lassen und das kann nicht zu einem guten Teilhabegesetz führen. Denn Teilhabe ist mehr! Verschließen wir also nicht die Augen und sehen den Realitäten entgegen. Fühlen wir uns nicht geschmeichelt von den Alibiveranstaltungen der Politik, die nicht mehr als uns beruhigen sollen. Nur die wenigsten Politiker haben begriffen, worum es uns geht und dass gleichberechtigte Teilhabe ein Menschenrecht ist. Aber in Wahrheit werden wir belächelt und als unwichtig in unserer zugewiesenen Fürsorgeecke stehen gelassen. Es ist so einfach uns zu ignorieren.

Wacht auf, andere Aktionen sind notwendig. Hören wir endlich auf brav zu sein. Wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen, werden wir veräppelt. Wenn es soweit ist und alles eingetütet ist, wenn ein sogenanntes Teilhabegesetz den parlamentarischen Weg durchschritten hat, dann werden sich alle Politiker loben, was sie tolles für die Behinderten getan haben. Dann ist es vorbei mit "Wünsch dir was". Und was machen wir dann?

Lesermeinungen zu “Den Tatsachen ins Auge geblickt” (11)

Von Wolfgang Ritter__deleted__033916

Von nurhessen
Dienstag, 12. Mai 2015

Interessant ist es schon, wenn das Sandmännchen uns versucht etwas den Blick zu trüben, aber anscheinend ist das Getriebe bereits so mit Sand gefüllt, dass man jetzt mit den Augen beginnt um nicht so genau hinschauen zu können.

Am interessantesten ist aber, wie der ehemalige behinderten Beauftragte der Linken, heute seine ganzen Kollegen kommentiert, hätte nur noch der Satz gefehlt,
Manchmal ist Nasenbohren besser als gekünstelt Arschkriechen.
dann wäre es mal ein ehrlicher Satz gewesen.

Von nurhessen

Lieber Wolfgang Ritter,
Zum Zitat:
„Insofern war der philosophische Exkurs des ehemaligen Kulturstaatsministers Nida-Rümelin noch das inhaltlich weitestgehende des Abends.“

Leider ist auch der vielgelobte „ehemalige Kultusstaatsminister Nida- Rümelin“ keine „rü(h)mliche“ Ausnahme, auch wenn der Name dies nahezulegen scheint, sondern wie mehrfach gezeigt ein überzeugter Anhänger Peter Singers, was er dann durch brillante Reden über „Selbstbestimmung“ und „Freiheit“ zu kompensieren/überkleistern vermag..

Was bleibt da noch viel übrig; Hannes Wader singt: „Wo soll ich mich wenden in dieser schlechten Zeit…“

Von Wolfgang Ritter__deleted__033916

Was sollen wir denn nur noch glauben?

Wer suchet der findet!

Liebe Freunde und Leidensgefährten,


Zitat: ( Facebook 06.05.2015 – Dr. Ilja Seifert )

„Da ich in diesem Jahr "oberster DBR-Sprecher" bin, hielt ich es für meine Pflicht, das Frühlingsfest der Behindertenbeauftragten einer privaten Feier meines Geburtstages vorzuziehen.
Allerdings kehre ich sehr ernüchtert nach Hause. Nicht nur, daß man keine*n Vertreter*in der Zivilgesellschaft zu Wort kommen ließ - obwohl der Slogan "Nichts über uns ohne uns!" wie eine Monstranz vortragen wurde -, erfuhren wir auch noch das dem Munde der Kanzlerin, daß sie weder verstanden hat, welches gesellschaftspolitische Konzept hinter dem Begriff "Inklusion" steht, noch daß wir in dieser Wahlperiode mit einem wirkungsvollen Teilhabeermöglichungsgesetz rechnen können. Wenn sie heute sinngemäß sagte, daß man über die Einkommens- und Vermögensabrechnung "mal nachzudenken beginnen" müsse, wirft sie uns um zehn bis vierzig Jahre zurück. (Zur Erinnerungung: Bereits 1973 forderte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ein einkommens- und vermögensunabhängiges Leistungsgesetz.)
Dagegen wirkten die - mit vielen Komplimenten an die Kanzlerin garnierten - Wünsche/Forderungen der Behindertenbeauftragten leider viel zu harmlos.
Insofern war der philosophische Exkurs des ehemaligen Kulturstaatsministers Nida-Rümelin noch das inhaltlich weitestgehende des Abends.
Immerhin gab es anschließend (Fotos) noch gute Gespräche. (Allerdings weder mit der Kanzlerin noch mit anderen Regierungsvertretern.)“

Fazit:

Was soll man zu so einem Text noch sagen, denn er drückt doch wirklich vieles aus vom Gegenteil, was uns unsere Vertreter und hohen Fachleute hier manchmal verklingeln wollen, wie angeblich mit allem Nachdruck sie sich für unsere Rechte einsetzen.

Wenn nicht in Berlin, dann bestimmt in Riga können unsere Vertreter zu Wort kommen.

Wer finanziert eigentlich diesen ganzen Blödsinn unserer Theoretiker, wenn man dann vereinzelte unserer hochrangigen Vertreter, so liest?

Lieber Andreas Vega,

wie kann man sagen, "Die Ansprache von Verena Bentele war brillant." wenn Herr Seifert in wenigen Tagen etwas anderes hier zum Ausdruck bringt und Frau Bentele bestimmt die gleichen Inhaltspunkte hatte. Da stimmt was nicht, bei allem Verständnis. Wir wollen Ehrlichkeit und die sollte zumindest in den eigenen Reihen gesichert sein.


Wolfgang Ritter

Von nurhessen

Lieber Herr Andreas Vega,
es bedeutet ja kein Vorwurf gegen Sie, wenn Herr Nida- Rümelin ein „Singer-Anhänger“ ist! Um das Missverständnis klarzustellen: Herr Nida- Rümelin liegt „außerhalb“ Ihrer Verantwortung! Das ist ja gerade das Fatale an diesen „Philosophen“ und „Ethikern“. Sie treten in unterschiedlichem Gewand für „Selbstbestimmung“ und „Freiheit“ auf. Wenn man ihre Biographie und Einstellungen nicht kennt, erscheinen sie klug, einleuchtend und brillant, wie das Beispiel Nida- Rümelin zeigt. Also: bitte nicht persönlich nehmen!

Von Andiv

Vielen Dank für die reichlichen Lesermeinungen. Herr Nida-Rümelin ist mir nicht bekannt, ich kenne ihn aus München als ehemaligen Kulturreferenten und habe mich nicht mehr mit ihm beschäftigt. Von daher bitte ich um Nachsicht, wenn ich auf seine Ansichten und möglicherweise politischen nicht korrekten Äußerungen nicht eingegangen bin.

Von Wolfgang Ritter__deleted__033916


Heute vor 42 Jahren kam eine Idee, welche sich bis heute ohne Ergebnis hinziehen sollte.

Drucksache 7/553
11.05.73
Sachgebiet 217
Deutscher Bundestag
7. Wahlperiode
Antrag
der Fraktion der CDU/CSU
betr. Behindertengesetz
Der Bundestag wolle beschließen:
Die Bundesregierung wird ersucht,
bis zum 31. Dezember 1973 den Entwurf eines Leistungsgesetzes
für Behinderte vorzulegen mit der Zielsetzung, das Leistungsrecht
für Behinderte aus dem Bundessozialhilfegesetz herauszunehmen
und die vorgesehenen Leistungen unabhängig von
Einkommens- und Vermögensverhältnissen der Betroffenen und
ihrer Familien zu gewähren.
Bonn, den 11. Mai 1973
Dr. Kiesinger, Stücklen und Fraktion

Ein größeres Armutszeugnis als diesen 42. Jahrestag kann man sich nun wirklich nicht mehr ausstellen, wenn man die heutigen Ergebnisse betrachtet.

Wolfgang Ritter




Von nurhessen

Antwort: Nein, aus Saulus ist kein Paulus geworden. Herr Nida-Rümelin setzt sich für die PID ein, die behinderte Embryonen aussortiert. Eines von vielen Beispielen. Er ist der Präferenz- Utilitarist geblieben, der er war. Aber ich gebe zu bedenken, dass eine Säule dieser Richtung das „Leid“ und die „Last“ unserer Kinder ist, die behindert sind. Tragen wir nicht selbst zu dieser These des „Leidens“ und der „Last“ durch die Behinderung unserer Kinder bei? Jammern wir nicht ständig? Ich höre schon das Argument, dass es ja auf die Verhältnisse ankommt, in denen unsere Kinder aufwachsen. Dann bitte: Tun wir doch endlich gemeinsam etwas für gute Verhältnisse und wehren uns gemeinsam gegen den Kosten-Nutzen Gedanken von Singer und seiner (geheimen) Nachfolger. Auch sollten wir kritisch mit der Beschwörung des ständigen Leids und der ständigen Last umgehen. Denn – wie würde Herr Ritter sagen: „Der Feind hört mit“ (Sorry Herr Ritter im Voraus).

Von nurhessen

Sehr geehrter Herr Vega,
Ihr Beitrag in Ehren; aber eine Frage nur so am Rande: Kennen Sie wirklich die Wurzeln des Herrn Professor Julian Nida- Rümelin nicht, den Utilitaristen und Bioethiker der Schule, der den Wertvorstellungen Peter Singers im Sinne von „Muss dieses Kind am Leben bleiben?“ anhängt. Aus Saulus ist bestimmt kein Paulus geworden!
Mit freundlichen Grüßen

Von Wolfgang Ritter__deleted__033916

Lieber Andreas Vega,

gerade habe ich den Kommentar gelesen und möchte hier eins klar stellen, dass die von mir getroffene Kritik mit dem Megaphon keinesfalls persönlich gemeint war, oder als solches verstanden werden sollte. Für mich ist ein Megaphon auch in der Masse, wenn ich auf meine Situation aufmerksam machen will, nicht mehr, wie das flüstern ins Ohr. Vorgestern war hier in Nürnberg ACDC zum Auftakt ihrer Deutschland Tournee und brachte 100 000 Watt den Fans zum besten. Stellen wir uns mal vor, am 5. Mai hätten wir eine derartige Macht gehabt, was dann passiert wäre? Zumindest hätte Frau Merkel ob sie wollte oder nicht auch wenn sie schalldichte Scheiben hat, bei dieser Kraft unsere Stimme vernommen und wenn nicht sie im Amt gewesen wäre, dann wäre mit Sicherheit einer ihrer Höflinge aufmerksam geworden, trotz getönter Scheiben, da bin ich mir sicher.
Was nun die Teilnahme anbelangt und vielleicht mit Bahnstreik etwas zu begründen wäre, muss ich sagen, dass selbst bei 50 000 Teilnehmern sich doch im gegenwärtigen Stand der Dinge wenig geändert hätte.
Selbst wenn man heute die Vorschläge des Forum behinderter Juristen und deren mangelnde Beachtung immer wieder anführt, darf man aber auch nicht vergessen, dass die Uneinigkeit unter uns zur vollzogenen Strategie für ein gutes Teilhabegesetz, immer unseren Gegnern wieder die Trümpfe in die Hand spielt
Sehr schön haben Sie einen Einwand, bezogen auf das SGB XII § 61 gebracht und wir denken uns hier vielleicht dass gleiche, nur dass ich persönlich von diesem Paragraphen noch nicht abhängig wäre, noch nicht, man weiß aber nie.
Wir dürfen uns nicht instrumentalisieren lassen und müssen auch mit einer gewissen Skepsis denen gegenüber treten, welche meinen in gespielter Anteilnahme mit unserem Schicksal für die eigene Sache Punkte sammeln zu können.
Die freie Wohlfahrt sitzt zu fest im Sattel und die sich für mich ernsthaft stellende Frage ist die, wie will der Gesetzgeber dass einhalten, was er vertraglich und gesetzlich einräumte an Möglichkeiten für die Wohlfahrt, wenn der Hauptposten an Einkommen zumindest für einige Bereiche in der Eingliederungshilfe liegt, die aber ins SGB IX verlagert werden soll, aber der § 5 SGB XII der freien Wohlfahrt ein Sonderrecht einräumt. Keiner kann mir erzählen, dass die freie Wohlfahrt egal wer es ist, sich hier auch nur ein Gramm von der Butter abnehmen lässt.
Es mag sein, dass ich vielleicht manches zu schwarz sehe, aber die Vorsicht war schon immer die Mutter der Porzellankiste und mein Gespür hat mich selten enttäuscht.

Ihnen wünsche ich gute Besserung und für den Kampf wie bisher alles Gute. Wir stimmen zwar nicht in allem in ihrem Kommentar überein, aber man erkennt sehr deutlich, dass momentan der Glaube an die gute Lösung Ihnen noch etwas kraft verleiht, obwohl man auch etwas Skepsis erkennt.


Wolfgang Ritter

Von nurhessen

Einfach nur traurig... Mehr gibt' so wohl nicht zu sagen. Aber es ist ja so schrecklich wahr.

Von Gerti

"... Doch wir sind selbst schuld. Warum verschwindet der Entwurf der behinderten Juristinnen und Juristen eines Gesetzes zur Teilhabe im Nirwana? Wir haben uns auf eine Reform der Eingliederungshilfe festlegen lassen und das kann nicht zu einem guten Teilhabegesetz führen. ..."
Der Auftraggeber (Bundesregierung) hat offensichtlich den das Gesetz kreierenden wissenschaftlichen, juristischen Mitarbeiter im federführenden BM für Justiz freie Hand gelassen. Ein Auftrag, dessen Inhalt schwammig (nicht konkret) ist, verleitet wohl die das Bundesteilhabegesetz Kreierenden zum Bauen fachlicher Fehler (Schnitzer).
Es war (aus meiner Sicht) auch ein Fehler, noch bevor die 'Wildsau erlegt ist, das Wildschwein zu braten und zu vertilgen'. Mit den Jäger_innen und den Fallensteller_innen wurde shakehands (leichte Sprache: die eine Seite reichte der anderen Seite freundschaftlich die Hand. Die andere Seite lächelte, als sie die Hand hinhielt. Das Lächeln war ein falsches Lächeln. Hinter dem Lächeln steckte kein Lächeln. Das Lächeln war eine Maske) gemacht.
Der Aktion Mensch wurde der rote Teppich bereitet.
Offensichtlich waren viele Akteur_innen etwas zu naiv, die gegebenen Strukturen ändern zu können.