Zu späte Einsicht von Kerstin Tack

Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Kerstin Tack
Kerstin Tack
Bild: SPD

Berlin (kobinet) Gestern hat die Behindertenbeauftragte der SPD Bundestagsfraktion Kerstin Tack nach einer regen Facebook Diskussion erstmals eingeräumt, dass auch in Zukunft Menschen mit Behinderung gegen ihren Willen in Heimen werden leben müssen. Schrieb sie noch im Blog der Aktion Mensch am 7. Dezember: "Ambulantes Wohnen hat Vorrang, wenn Betroffene dies wünschen", so scheint ihr nun aufgefallen zu sein, dass sie ein kleines Detail vergessen hat, nämlich dass dies nur gilt, "sofern das Wohnen in und außerhalb von besonderen Wohnformen im Rahmen der Angemessenheits- und Zumutbarkeitsprüfung gleich bewertet worden ist". Darauf weist Nancy Poser vom Forum behinderter Juristinnen und Juristen hin und kritisiert die Täuschung der Abgeordneten.

"Damit gilt das, was wir schon vor der Abstimmung im Bundestag immer wieder deutlich gesagt haben: es werden weiterhin Menschen gegen ihren Willen in Heimen leben müssen. Dafür wurden wir in der Öffentlichkeit diffamiert und es wurde vermittelt, wir würden übertreiben und verstünden den Gesetzestext nicht. Nun, da das Gesetz den Bundestag dank Täuschung der eigenen Abgeordneten passiert hat, räumt selbst Kerstin Tack ein: 'Eine vollständige Garantie, dass es immer und ausnahmslos zur gewünschten Wohnform kommt, gibt es über diese Regelung nicht.' Ganz klar steht nun fest, dass Deutschland mit dem Bundesteilhabegesetz in der vom Bundestag beschlossenen Fassung weiterhin Artikel 19 der UN-Behindertenrechtskonvention und damit die Menschenrechte behinderter Menschen verletzt. Ein ganz schlechtes Zeichen angesichts des heutigen 10. Jahrestages der Verabschiedung der UN-Behindertenrechtskonvention durch die Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York. Entgegen der Empfehlung des Bundesrates hat die Koalition dafür gesorgt, dass weiterhin Existenzen von Menschen mit Behinderungen zerstört werden. Wenn der Bundesrat seine Empfehlung zu Paragraph 104 ernst gemeint hat und ihm die Rechte behinderter Menschen tatsächlich ein Anliegen sind, muss er das Gesetz in die Vermittlung überweisen", erklärte Nancy Poser gegenüber den kobinet-nachrichten.

Link zur Diskussion mit Kerstin Tack auf Facebook

Lesermeinungen zu “Zu späte Einsicht von Kerstin Tack” (9)

Von versteh_gar_nix_mehr

Direkte kritische Fragen wurden in mehreren Fällen noch nie, weder von Frau Tack selbst bzw. ihren Mitarbeitern beantwortet.

Entweder waren die Mails nicht angekommen, oder die Fragen schwer zu beantworten, dann das zeitliche was gern vorgeschoben wird und was es noch für ausreden gibt.

Man fragt sich wirklich zu recht, ob unsere Politischen Vertreter nur Notlösungen in der Besetzung der Politischen Sprecher der einzelnen Fraktionen waren, wie wir es in den letzten Monaten immer wieder erkennen konnten?

Wenn man erst Facebook braucht, um Farbe zu bekennen, dann kann man durchaus auch verstehen, was immer wieder mit den zwei Gesichtern gemeint ist.

Von G. Niedermeier

Hm, ja, hat sie es hinterher wieder nicht gewusst. Genau, nehme ich ihr direkt ab. Nicht!

Wenn man sich ihre Reaktionen auf diverse Frage der Grünen und Linken im Bundestag vor Augen führt und ihre Tiraden gegenüber der Ablehnung des BTHG, dann ist das nicht wirklich glaubwürdig, dass sie das kleine aber feine Detail übersehen hat.

Von Ulrike

Wenn das Gesetz (BTHG) in den Vermittlungsausschuss überwiesen wird, vertagt sich alles in den Wahlkampf 2017. Das kann weder SPD noch die Grünen, die sich im Bundestag mal wieder zu dem Gesetz aus parteipolitischen Gründen enthalten haben, wollen.Und da Herr Dr. Schäuble als Bundesfinanzminister eh den Deckel auf Eingliederungshilfe-Ausgabedynamik hält, wird es weder CDU, SPD noch Grünen wollen, dass Teile des Gesetzes nicht zum 01.01.17 in Kraft treten. Die Ministerpräsidenten Bayerns (CDU) und Baden-Würthembergs (Grüne) wollen aber in 2017 wiedergewählt werden. Dort kann man also eher auch nichts mehr erreichen für dieses Mal zum BTHG, befürchte ich. Behinderte Menschen können also weder SPD, noch CDU, noch CSU außerhalb Bayerns, noch Grüne wählen in 2017. Man hat es nicht leicht als Wähler mit Behinderung. Politischer Verrat an allen Ecken.

Von turbolocke

Sagen sie mal Frau Tack, wollen sie uns verarschen. Die spd ist einfach verlogen. Sowas ist nicht mehr wählbar.
Auch die grünen (eine schwarze Partei im grünen Mantel) spielt uns zuerst Solidarität vor und fällt uns dann in den. Sozusagen von hinten erstochen.

Von Rosa

"Wer hat uns verraten ....?"

Von nurhessen

Wenn die UN- BRK in Deutschland als „einfaches Bundesrecht“ gelten soll, wie es verabschiedet wurde, dann bindet sie als „einfaches Recht“ auch die Gesetzgebung von Bund und Ländern.- Wie kommt dieses merkwürdige Verwirrspiel zwischen den Aussagen und Widersprüchen von Karl Schiewerling u.a. und Kerstin Tacke zustande? – Weiß die eine Hand überhaupt noch, was die andere tut? Hier ein Beschluss, der vom nächsten – in Gestalt der Behindertenbeauftragten der SPD gekippt werden kann? Wo leben wir denn?

Von FMueller

Wenn es noch eines Beweises bedurft hat, dass es richtig war, Briefe an die Ministerpräsidenten Bayerns und Baden-Württembergs zu schreiben mit dem Appell, dieses Gesetz quasi in letzter Minute zu stoppen und an den Vermittlungsausschuss zu überweisen, dann ist dieser Beweis durch die Äußerungen von Kerstin Tack nun hinlänglich erbracht worden!

Von Lesebrille

Ich finde es desaströs, dass die Behindertenbeauftragte der SPD, Frau Tack, erst jetzt, sozusagen "plötzlich und unerwartet" ihrer Aufgabe nachkam, sich mit dem Inhalt eines ganzen Gesetzeskonvoluts auseinanderzusetzen, das auch die Handschrift ihrer Partei trägt.

Oder hat sie sich bisher einfach darauf verlassen, dass der Versuch ihrer Genossin Nahles, sämtliche Probleme vor der Kamera wegzulächeln, reicht, um sämtliche Menschenrechtsbrüche in Luft aufzulösen??

Auch glaube ich nicht, dass Frau Tack erst jetzt aufgefallen ist, dass es Aktionen, wie #nichtmeingesetz, oder in Berlin diverse Demonstrationen gegeben hat.

Und jetzt? Mir reicht kein Statement auf Facebook nach dem Motto: "Sorry, Leutz, ich hab gepennt! Das ist jetzt leider leider so...". Bitte Frau Tack (und SPD), kommt aus dem Quark!

Ich weiss, dass wir einen Finanzminister der CDU haben, selbst rollstuhlnutzend, der den Deckel draufhält und dem es egal ist, was darunter mit den Menschen passiert. Auf seine Solidarität konnten wir noch nie zählen!!

Aber von einer Behindertenbeauftragten der SPD hätte ich mehr Bewusstsein für ihre Aufgabe erwartet!!!

Von Signe

Das fette, verlogene Grinsen der Frau Abg. Tack!
Es hilft nur noch, diese hinter Tack stehende, verlogene spd _nicht_ mehr zu wählen - sowieso den Wahlzettel in der Wahlkabine in tausend Stücke zu zerreißen.