Potential auf dem Arbeitsmarkt nutzen
Veröffentlicht am von Franz Schmahl
Rostock (kobinet) Die Herausgeberin von inklusiv! hat vor Weihnachten die Forderung behinderter Menschen bekräftigt, deren Potential auf dem Arbeitsmarkt stärker zu nutzen. "Menschen mit Behinderung haben vom Rückgang der Arbeitslosigkeit in den vergangenen Jahren kaum profitiert. Laut Bundesagentur für Arbeit verringerte sich die Arbeitslosenquote von schwerbehinderten Menschen nur geringfügig von 14,6 % im Jahr 2009 auf 14,1 % im vergangenen Jahr. Im Jahre 2010 und 2011 betrug die Arbeitslosenquote von Menschen mit Behinderung sogar 14,8 %. Im Gegensatz dazu ging die allgemeine Arbeitslosenquote von 8,1 % im Jahr 2009 auf 6,8 % im Jahr 2012 zurück", schrieb Margit Glasow im Editorial des letzten Hefts des Gesellschaftsmagazins für alle in diesem Jahr.
"Hinzu kommt, dass Menschen mit Behinderung häufiger von Dauerarbeitslosigkeit betroffen sind als Menschen ohne Behinderung. Im Schnitt sind Schwerbehinderte 77 Wochen lang ohne Arbeit, so die Zahlen der Bundesagentur. Und das, obwohl sich anteilig bei den schwerbehinderten Arbeitslosen mehr Fachkräfte als bei nicht schwerbehinderten Arbeitslosen finden. Dieses Potential zu nutzen – insbesondere in Zeiten des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels - dafür macht sich das UnternehmensForum stark, ein bundesweiter und branchenübergreifender Zusammenschluss von Konzernen und mittelständischen Firmen", so Glasow.
Denn Behinderung sei kein Defizit, sondern eine Bereicherung für das Unternehmen, sagt Annetraut Grote, Personalreferentin und Schwerbehindertenvertreterin am Paul-Ehrlich-Institut. Sie spricht in einem Interview unter anderem darüber, welchen volkswirtschaftlichen Sinn es macht, einen Inklusionspreis in der Wirtschaft zu vergeben und das Bundesteilhabegesetz in die Köpfe der Arbeitgeber zu projizieren, weil sonst der Gesellschaft sehr viel Knowhow entgeht.
Von Dagmar B
Ich würde gerne den Leserbrief von lehmä dahingehend ergänzen,das" tatsächlich" beeinträchtigte Menschen auch zunehmend in den WfbM nicht erwünscht sind.
Intressant ist daher der Aspekt,das die WfbM trotzdem enorm expandieren.
Zitat aus dem Artikel:
Sie spricht in einem Interview unter anderem darüber, welchen volkswirtschaftlichen Sinn es macht, einen Inklusionspreis in der Wirtschaft zu vergeben und das Bundesteilhabegesetz in die Köpfe der Arbeitgeber zu projizieren, weil sonst der Gesellschaft sehr viel Knowhow entgeht.
Zitat Ende
Das nun die Inklusion auch noch dafür herhalten muß,Preise für volkswirtschaftlichen Sinn zu verteilen,ist wirklich absurd.
Das hört sich so an,als müßte man sich ein Menschenrecht erkaufen,weil es nur so einen Sinn ergibt.
Dadurch wird aber die die ganze Inklusion völlig sinnfrei.
Ich frage mich,ob die Verteiler dieser Worthülsen selber glauben,was Sie da vom Stapel lassen.
Von lehmä
Kurz geschildert und nachgefragt: Wie sieht es in den Berufsbildungswerken aus? Sind/waren sie für Behinderte zur Berusausbildung geeignet? Meiner kurzen Erfahrung nach sind "echt" Behinderte dort nicht/kaum erwünscht (wie gesagt: kurze Erfahrung) mit tetraspatischer - auf Laptop/PC angewiesener - und hochgradig sehbehinderter (Lesegerät absolut erforderlich) nicht erwünscht. Trotz erfolgreichem Realschulabschluss - auf äußerst verschlungenen Wegen. Und jetzt ... Suche nach Gleichaltrigen? Suche nach Beruf? - Wie erkläre ich dies meiner hoffnungsfrohen Tochter? Alles nichts gewesen. Gescheitert?? -
Von Gisela Maubach
"Teilungen" im Behindertenbereich lassen sich aufgrund der Vielfalt wohl nie vermeiden.
Wer sich allerdings "Strippenzieher für die Inklusion" nennt, kann irgendwann nicht mehr die Augen davor verschließen, dass wirkliche Inklusion nicht funktionieren kann, wenn die Strippen so einseitig gezogen werden, wie es zur Zeit der Fall ist.
Es bleibt abzuwarten, ob im neuen Jahr neben Arbeit, Arbeit und nochmal Arbeit auch die wichtigen Themen aus anderen Bereichen aufgegriffen werden - wie z.B. die geplante Streichung des Kindergeldes für erwachsene behinderte Kinder.
Es wäre sicherlich für sehr viele Betroffene interessant zu erfahren, was z.B. die Verbände gegen diese Pläne der Arbeits- und Sozialminister der Länder unternehmen wollen.
Von Uwe Heineker
Das Ganze erinnert mich an den berühmten Spruch "Teile und herrsche!".
Teilungen haben wir im Behindertenbereich ohnehin schön längst:
zum einen die ganzen -gruppen, schön nach -arten sortiert (fehlen nur noch für Links- und Rechtsamputierte ...) sowie zum anderen die entsprechende Aufteilung des Förderschulsystems - und nicht zuletzt die Werkstätten als Auffangbecken "schwieriger" oder "unbequemer" Gruppen.
Alles zudem schön starr und fest strukturiert.
Diese Systeme aufzubrechen wird hartnäckig und schwierig sein ...
Von Gerhard Lichtenauer
Bei aller mir bewussten Gefahr, falsch verstanden zu werden, stelle ich auch hier wieder fest, dass der arbeitsfähige Mensch durchschnittlich nur etwa 10 % (zehn Prozent!) seiner Lebenszeit mit Erwerbsarbeit verbringt.
Alleine schon deshalb ist die aktuelle Schwerpunktsetzung - Förderung der Berufsintegration arbeitsfähiger behinderter Menschen UNTER GLEICHZEITIG offensichtlicher Vernachlässigung nötiger Unterstützungen zur Realisierung von Inklusions- und Teilhaberechten im "restlichen" Lebensbereich (90 Prozent!) - eine Fehlsteuerung par excellence. Als Motiv dafür kann ich nur althergebrachte sozialeugenische Überlegungen ausmachen.
Von Inge Rosenberger
Die aktuelle „Weltwirtschaftswachstumsreligion“ fördert das Kosten-Nutzen-Denken in allen Bereichen. Die Menschen (mit und ohne Behinderung), die noch (!) eine gewisse Produktivität und somit wirtschaftliche Verwertbarkeit vorweisen können, werden – wie Arnd Hellinger bereits geschrieben hat – in den Mittelpunkt der politisch relevanten Medien gestellt.
Es entsteht der Eindruck, die gesamtgesellschaftliche und weltwirtschaftliche Stimmung solle dazu dienen, die Menschen in die „Brauchbaren“ und „Unbrauchbaren“ zu separieren. Die einzelnen (Sozial-)Räume bleiben dabei fein säuberlich getrennt und verschlossen.
Die „Nutzlosen“ werden ignoriert und verdrängt . . . wohin sollen sie gehen?
Von Uwe Heineker
ergänzend zu Arnd Hellinger's Beitrag kann ich auch hier mein eigenes Beispiel hinzufügen:
ich habe die gleiche Behinderung wie Arnd, nur sehr viel weniger ausgeprägt.
Seit dem Abschluss meines Studiums der Sozialarbeit mit der Note 1 ist ab 1982 ist meine weitere berufliche Laufbahn wegen der schlechten Arbeitsmarktlage vom stetigen Wechsel von befristeten Arbeitsverhältnissen (ABM oder Projekte; meist bei Behindertenverbänden in Mülheim, Bochum, Duisburg, Essen, Dortmund, Oberhausen, Düsseldorf) und Zeiten von Langzeitarbeitslosigkeit (meine aktuelle Situation!) gekennzeichnet.
Im August 2014 werde ich 59 und ich sehe realistisch meine berufliche Chance auf dem ersten Arbeitsmarkt (bei bislang negativ beschiedener Bewerbungen), so wie sie gerade vorherrscht, gleich Null.
Dennoch übe ich unter
www.behindertenberatung.info
meinen Beruf weiterhin ehrenamtlich aus, um weiterhin "up to date" zu sein ...
Von Arnd Hellinger
So langsam finde ich es schon mehr als fragwürdig, ja beängstigend, dass in den behindertenpolitisch relevanten Medien in letzter Zeit zwar ständig über die - durchaus berechtigten - Anliegen "voll arbeitsfähiger" Behinderter berichtet und diskutiert wird, die AutorInnen dabei aber Alljene ignorieren, die sich wegen ihrer Behinderung eben NICHT (oder auch nicht mehr) am Prozess der Erwerbsarbeit beteiligen KÖNNEN.
Dazu gehören nicht nur die von Frau Maubach et al. hier zu Recht immer wieder vorgetragenen Fälle, sondern auch Leute wie ich selbst, bei denen die Behindeerung mit zunehmendem Alter (44) immer stärker in den Alltag eingreift, so dass eine regelmäßige Erwerbsarbeit mit viel zuviel Stress verbunden ist......
Es darf einfach keine Behinderten 1., 2. und 3. Klasse geben - hier müssen wir auch untereinander (wieder) deutlich solidarischer denken und agieren! Die UN-BRK gilt schließlich für ALLE, oder?
Von harle
Weihnachten, Arbeit und Arbeitslosigkeit - wie und wo mal wo anders, zum Beispiel auf Mallorca… -
Hier der Link dorthin:
http://www.scharf-links.de/133.0.html?&tx_ttnews[tt_news]=41440&tx_ttnews[backPid]=56&cHash=85f156b99a
Von Gisela Maubach
Zitat aus dem Beitrag:
"Denn Behinderung sei kein Defizit, sondern eine Bereicherung für das Unternehmen".
Das mit der verallgemeinernden Bereicherung müsste man jetzt nur noch den Werkstätten erklären, die wegen der Defizite jede Menge "Eingliederungshilfe" für ihre Mitarbeiter bekommen.