Recht auf sexuelle Selbstbestimmung
Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul
Berlin (kobinet) Jede*r hat ein Recht auf sexuelle Selbstbestimmung. Sexuelle Selbstbestimmung ist ein Menschenrecht – auch für Frauen mit Behinderungen. Dies stellte das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung klar, das den Abbau struktureller und ideologischer Barrieren im Gesundheitssystem fordert.
Laut einer Studie des Bundesfamilienministeriums aus dem Jahr 2011 sind behinderte Frauen zwei- bis dreimal häufiger Opfer sexueller Gewalt als alle Frauen im Durchschnitt. Der Studie nach müssen besonders junge Mädchen mit Behinderungen vor körperlicher und sexueller Gewalt geschützt werden. Behinderte Frauen haben im Erwachsenenalter mit 58 bis 75 Prozent fast doppelt so oft körperliche Gewalt erlebt als Frauen im Bevölkerungsdurchschnitt mit 35 Prozent. Vor diesem Hintergrund werde deutlich, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen besondere Unterstützung wie sexualpädagogische Beratung und gynäkologische Behandlung benötigen, heißt es in einer Presseinformation des Bündnisses für sexuelle Selbstbestimmung.
In der regulären Gesundheitsversorgung für Frauen mit Beeinträchtigung gäbe es große Barrieren im Gesundheitssystem: strukturell und ideologisch. Die Frauen müssten eine qualitativ gleichwertige gynäkologische Versorgung, wie sie nicht behinderte Frauen erfahren, erhalten. Dafür bedürfe es räumlicher, zeitlicher, personeller und fachlicher Ressourcen, die Staat und Versicherungssystem bereitstellen müssten.
"Noch immer existiert keine freie Wahl der Ärzt*in für Menschen mit Beeinträchtigung gem. § 76 SGB V und ebenso keine wohnortnahe Versorgung. Laut der Datenbank von Mobidad gibt es in Berlin nur zwei tatsächlich barrierefreie bzw. barrierearme gynäkologische Praxen. Eine davon im Lichtenberger Familienplanungszentrum – BALANCE, Partner im Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung, mit einem spezifischen Beratungs- und Versorgungskonzept. Ärzt*innen-Praxen lehnen mittlerweile eine Aufnahme in die Datenbank ab, weil sie keine Schwerpunktpraxen für Behinderte sein wollen, da der zeitliche Mehraufwand, der bei der Leistungserbringung entsteht, mit den Krankenkassen nicht abgerechnet werden kann. Für uns ein Skandal, obgleich Deutschland die UN-Behindertenrechtskonvention bereits 2009 ratifiziert und Berlin seit 2011 einen entsprechenden Maßnahmenplan mit 10 Leitlinien hat", heißt es in der Presseinformation des Bündnisses.
"Bei den gemeinsamen Veranstaltungen, unserer jährlichen Kundgebung sowie durch die Arbeit der rund zwei Dutzend Partnerorganisationen rufen wir die Bundesregierung und Parteien auf, sicherzustellen, dass Menschen über ihre Familienplanung selbstbestimmt entscheiden können – ohne Diskriminierungen befürchten oder erleiden zu müssen – und Unterstützung zur Wahrnehmung ihrer Rechte erfahren, unabhängig von ihrer Herkunft, sexuellen Orientierung oder sozialen, ökonomischen und gesundheitlichen Situation", heißt es vonseiten des Bündnisses. Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung fordert eine adäquate Gesundheitsversorgung für alle und einen selbstbestimmten Umgang mit Familienplanung und Sexualität. Denn jede*r hab ein Recht auf Sexualität. Das Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung lädt daher zur diesjährigen Kundgebung am 20. September vor dem Brandenburger Tor (Platz des 18. März) von 13 bis 15 Uhr nach Berlin ein.
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Von Magö
Ich frage mich ja, was die christlichen Fundis von der Lebensschützer-Fraktion unter sexueller Selbstbestimmung verstehen. Klar sind Peter Singer, Richard Dawkins und alle anderen, die eine andere Meinung vertreten das rote Tuch, mit dem man versucht, ein Bindeglied zwischen Behinderten und Lebensschützern aufzubauen. Aber die Jüngeren Behinderten fallen nicht darauf herein und lassen sich nicht von Abtreibungsgegnern für ihre Ziele einspannen. Sie, die Abtreibungsgegner sind im Kern anti-liberal und zum Beispiel gegen Homosexualität und das ist leider mit Inklusion nicht vereinbar.
Von Corinna Rüffer
Ich halte es für falsch, sich aus feministischer Sicht nicht zur zunehmenden Verbreitung genetischer Diagnostik und ihren selektiven Effekten zu äußern. So stärkt man die falsche Annahme, man müsse sich zwischen den Rechten von Schwangeren und denen behinderter Menschen zu entscheiden.
Von Hubert Hüppe
Tatsache ist : Bei der Demo gegen den Marsch für das Leben machen die Befürworter von Singer mit. Offensichtlich hat man damit keine Probleme. Außerdem wurde jedes Jahr der Marsch durch Gewalt von Gegendemonstranten gestört, die das Recht auf freie Meinungsäußerung offenbar nur für sich in Anspruch nehmen. Beim Marsch für das Leben werden auch Menschen mit Behinderung sprechen und für ihr Lebensrecht eintreten.
Mag sein, dass manchem mancher Demonstrant zu christlich erscheint. Aber vielen war auch der Kardinal Graf von Galen, der von den Nazis verfolgt wurde, weil er einer der wenigen war, die gegen das s.g. " Euthanasieprogramm" offen protestiert hatte,zu "fundamental christlich".
Von Sven Drebes
Lieber Herr Hüppe,
ich bekomme Ihr Engagement beim "Marsch für das Leben" nicht mit Ihren sehr fortschrittlichen behindertenpolitischen Positionen unter einen Hut.
Ich lehne die Positionen von Peter Singer, Richard Dawkins und der Giordano-Bruno-Stiftung zur selektiven Spätabtreibung beeinträchtigter Föten ab und finde, dass die Gesellschaft alles tun muss, damit weniger Eltern auf den Gedanken kommen, dass eine Spätabtreibung der beste oder einzige Weg sei. Den "Marsch für das Leben" halte ich aber für keine Veranstaltung, die dazu beiträgt. Im Gegehteil drängt sich mir der Eindruck auf, dass viele Teilnehmer und beteiligte Gruppen das Thema eugenische Spätabtreibung nur hervorheben, um eine breitere Akzreptanz zu erreichen. Hauptziel ist aber das generrelle Verbot von Schwangerschaftsabbrüchen, zum Teil vermutlich auch von Verhütungsmitteln. Dagegen und das bei vielen dahinter stehende fundamentalistisch-christlich-konservative Weltbild richtet sich die Gegendemonstration, es geht nicht um die Förderung von eugenischen Spätabtreibungen.
Jetzt kann jeder selbst entscheiden, in welche Falle er tappt.
Von Hubert Hüppe
Vorsicht Falle !
Auch ich bin für sexuelle Selbstbestimmung von Frauen mit Behinderungen, barrierefreie Praxen und mehr Einsatz gegen Gewalt gegenüber Frauen mit Behindungen.
Aber darum geht es bei der o.g. Demo nicht! in Wahrheit ist das eine Gegendemo zu "Marsch für das Leben" (www.marsch-fuer-das-leben.de) mit dem Motto "Jeder Mensch ist gleich wertvoll, unabhängig von Eigenschaften und Umständen"
Dort soll für das Lebensrecht aller Menschen und gegen Selektion durch PID oder Pränataldiagnostik,Abtreibung und sog. "Euthanasie" demonstriert werden.
Zu dem o.g. Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung gehört u.a. die Giordano-Bruno-Stiftung, die 2011 Peter Singer ihren "Ethikpreis" verlieh. Singer plädiert für die Tötung Neugeborener mit Behinderung und Komapatienten. 2007 verlieh die Stiftung Richard Dawkins einen Preis. Dieser hat vor wenigen Tagen noch geschrieben, es wäre unmoralisch, wenn man Kinder mit Down-Syndrom nicht abtreiben würde.
Jeder muss wissenwem man sich anschließen will,- ich gehe jedenfalls zum "Marsch für das Leben"