Menschen mit Behinderung gezielt diskriminiert

Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Verena Bentele
Verena Bentele
Bild: Irina Tischer

Berlin (kobinet) Verena Bentele, die Beauftragte der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, kritisiert die Äußerungen des GDL-Chefs Claus Weselsky vom vergangenen Mittwoch scharf: "Seine markige Wortwahl und die Tatsache, dass er 2010 schon einmal Ähnliches gesagt hat, lässt keinen anderen Schluss zu, als dass er gezielt Menschen mit Behinderungen diskriminieren wollte."

Auch seine sogenannte Entschuldigung ändere nach Ansicht von Verena Bentele daran überhaupt nichts. Die Würde jedes Menschen ist unantastbar, das ist klar. Auch in Momenten emotionaler Erregung seien polemische Äußerungen wie diese also nicht zu tolerieren. Die Gewerkschaft sollte sich überlegen, ob jemand mit dieser Geisteshaltung als oberster Repräsentant weiterhin tragbar ist.

Weselsky hatte auf einer Protestveranstaltung seiner Gewerkschaft in Fulda vergangenen Mittwoch gesagt: "Wenn sich zwei Kranke miteinander ins Bett legen und ein Kind zeugen, da kommt von Beginn an was Behindertes raus." Diesen Vergleich zog er, um die Vereinigung der beiden Verkehrsgewerkschaften GDBA und TRANSNET zur Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) zu bewerten. Im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung vom 24.8.2010 hatte er bereits Ähnliches zu diesem Thema geäußert, damals sagte er "Wenn zwei Kranke wie hier zusammen ins Bett gehen, ist die Gefahr groß, dass das Kind ein Pflegefall wird."

Lesermeinungen zu “Menschen mit Behinderung gezielt diskriminiert” (14)

Von MichaelK

...lässt keinen anderen Schluss zu,....

Das ist auch nur Polemik. Wo ist die Beweisführung? Wenn Jemand dumme Sprüche macht und sei es wiederholt, ist das längst kein Beweis für gezielte Diskriminierung.
Man kann dies als einen Hinweis nehmen. Dann wäre aber eine explizite Stellungnahme nicht gerechtfertigt. Man kann hier viele Schlüsse ziehen und nicht nur einen, je nachdem, wie weit man die Umstände und die persönlichen Voraussetzungen berücksichtigen will.

Von Magö

Wie so oft schockiert mich die seltsame Wortwahl, offenbar weiß man hierzulande nicht, was der Unterschied ziwschen beleidigen und diskriminieren ist. Diskriminierung ist die Benachteiligung einer Gruppe gegenüber einer anderen, ich kann nicht sehen, wie man auf diesen Begriff kommt.
An Lesebrille et al: Wenn tatsächlich nur das Ergebnis und nicht die Absicht zählt, stellen sie sich vor, was das Ergebnis ist? Das sehen wir heute schon, wenn jede Lapalle von Leidmedien zur Beleidigung hochstilisiert wird, obwohl sie von den Leuten, die selbst betroffen sind gar nicht so empfunden wird. Es zeugt von extrem geringem Selbstbewusstsein der Menschen und der Bewegung, wenn man auf jede zugegebenermaßen schwachsinnige Bemerkung derart abfährt. Ich würde mir eine rhetorisch geandte Antwort wünschen statt diesem Shitsorm im Wasserglas, der fast niemanden interessiert.

Von IlPadrino72

Claus Weselsky, seines Zeichens Chef der GDL, sollte mit sofortiger Wirkung von diesem Amt enthoben werden. Ein Mensch der für sich in Anspruch nimmt über behinderte Menschen zu urteilen obwohl er offensichtlich keine Ahnung von deren Leben bzw. Lebensumstände hat, hat in so einer Institution nichts zu suchen. Obendrein sollte er wegen Beleidigung angezeigt und verurteilt werden.

Von Beamtenschreck

Sehr geehrte Lesebrille,

ich sage es nochmals, wenn wir alles auf die Goldwaage legen, aber nicht in der Lage sind eine gewisse Einigkeit in der Umsetzung unserer Akzeptanz und Forderungen zu erzielen, dann müssen wir uns nicht wundern, dass außer einem Geschrei seit Jahrzehnten nichts passiert, was in der Praxis auf Verbesserungen hin weißt.

Warum rufen Sie nicht einfach bei der GdL mal an und reden mit dem Herrn persönlich?

Hier muss ich doch Ihren Standpunkt auch zur Kenntnis nehmen. Ob der dann aber auch richtig ist, kann ich doch aus meiner Sicht bezweifeln.

Wenn dem so wäre, dass wir hier diskriminiert und beleidigt wurden, dann sollten wir doch von unserem Recht gebrauch machen, dass wir mit diesen Aussagen eine Herabwürdigung unserer Person und Behinderung sehen. Ist dies dann auch zutreffend, wird man sich auch mit der Sache beschäftigen müssen, aber dann muss man auch eine derartige Klage begründen und da habe ich ernsthaft meine Zweifel, dass wir ein Gericht finden, welches hier eine Verurteilung vornimmt. Allein die Aussage er muss zurücktreten, stellt die berechtigte Frage, wieso - weshalb - warum denn, dann müssten es auch jene, welche uns seit Jahren versprechen es würde alles besser, aber nur an den eigenen Geldbeutel denken. Ist dies nicht auch eine Art der Diskriminierung, wenn ich wie ein Bettler vor den Herrn im Amt treten muss, mir aber die Politik und meine angeblichen tollen Vertreter hier das Gegenteil verdeutlichen, indem ich zwar alles mögliche in leichter Sprache vermittelt bekomme, aber dass, was da teils geschrieben ist in der Praxis nicht das Papier wert ist ?

Legen wir unser Augenmerk auf die Dinge, welche uns endlich dass bringen, was uns versprochen wird, was aber dem Gegner in der Signalisierung unserer Uneinigkeit immer wieder eine andere Vorgehensweise ermöglicht.



Von Lesebrille

Sehr geehrteR Beamtenschreck,
ich sehe keinen "Rundumschlag". Es war Ihre Aussage, dass Herr Weselsky den Satz anders gemeint habe und dass man "die Kirche im Dorf" lassen solle. Darauf bezog ich mich. Meinungsfreiheit ist ein hohes Gut, das ich ebenso wie Sie in Anspruch nehme. Dass meine Position sich von Ihrer unterscheidet, ist erlaubt.

Und wer die Beiträge unter dem von Ihnen erwähnten Spiegel-Artikel liest, merkt ebenso, wie viele Menschen ihm Recht geben, Krank und Krank ergäbe nunmal Krank und alles andere sei "Gesinnungspolizei", sieht, wie der ursprüngliche Satz zündelt. Mir wurde beim Lesen solcher Statements schlecht.

Ich weiss nicht, warum Sie Herrn Weselsky verteidigen. Wenn Sie mir vorwerfen, es ginge mir nicht um die Sache, sondern um die Interpretation, dann irritiert mich, dass Sie das Wissen besitzen, wie es Herr W. gemeint hat. Ich weiss es nicht, ich kann auch nicht in seinen Kopf hineinsehen. Woher wissen Sie es? Und falls es doch kein Wissen ist, muss ich nicht dann davon ausgehen, dass auch Sie interpretieren? - Gerade deshalb wiederhole ich mich hier noch einmal:
Es muss - auch aus dem Strafrecht abgeleitet - der Diskriminierungsbegriff dauerhaft im Verständnis umgekehrt werden, wie es auch in der UN-Konvention schon getan wird: nicht die Absicht ist entscheidend, sondern das Ergebnis .

Die Beiträge allein hier auf kobinet, wie auch in den (Online-)Zeitungen belegen, dass es genügend Menschen mit (und ohne) Behinderung gibt, die diesen Satz durchaus als diskrimierend verstehen und sich persönlich getroffen fühlen. Mir geht es ebenso. Mehr habe ich dazu nicht zu sagen.

Von Beamtenschreck

Immer wieder ist es interessant, wenn man mit seinen Beiträgen die notorischen Marktschreier auf die Bühne holt.

Hallo Lesebrille,

verbalen Rundumschlag egal welcher Form zu betreiben ist nun nicht gerade ein Zeichen dafür, dass es Ihnen um die Sache, sondern, mehr um die Interpretation und Verbreitung persönlicher Ansichten geht.

Da die einzelnen Pseudonyme hier bis auf geringe Ausnahmen nicht bekannt sind, muss ich leider diesen weg beschreiten, kann Ihnen aber versichern, dass ich mich gern mit Ihnen verbal ausgetauscht hätte.

Sollte dies auch in Ihrem Interesse liegen, dann dürfen Sie mich gern kontaktieren, denn vielleicht schaffen wir es dann mal uns
über gewisse Dinge welche mir sehr am Herzen liegen auszutauschen. ( [email protected] )

Von Lesebrille

Korrektur 2: der Mann heisst Weselsky. - Gute Nacht.

Von Lesebrille

Korrektur 1. Satz: "Frau Bentele" sollte das heissen.

Von Lesebrille

Ich finde den Beitrag von Frau mit der "gezielten Diskriminierung" gerade deshalb so unglücklich formuliert, weil sie genauso interpretiert werden kann, wie es Beamtenschreck tut: Herr Weselky habe es nicht so gemeint, ergo sei es nicht so schlimm. Damit stünden Aussage gegen Aussage und relativierten die ganze Sache.

Tatsächlich ist es aber für die Diskriminierung von Herrn Weselky herzlich irrelevant, ob er in diesem Augenblick den Gedanken des zwei Fliegen mit einer Klappe Schlagens hatte oder nicht. Tatsache ist, die Geisteshaltung hinter diesem zweimalig wiedergegebenen Satz ist eindeutig diskriminierend.

Darüber hinaus zündelt er. Im Forum unter erwähntem Artikel des Spiegel sind genügend Kommentare zu lesen, die sich nur zu bereitwillig antecken und ihrer Gesinnung freien Lauf lassen.

Daher erwarte ich ein Einstehen dafür jenseits des "War nicht so gemeint" oder "Hey, bleibt doch mal locker!", wie es "Beamtenschreck sinngemäss von sich gibt.

Ich fordere einen Rücktritt, denn immerhin arbeiten und fahren sowohl kranke als auch behinderte Menschen bei der Bahn.

Von gerusch

Noch schlimmer als die Tatsache, dass er Behinderte diskriminiert hat, finde ich diese vermeintliche Entschuldigung, die vor allem zeigt das er aber rein garnicht begriffen zu haben scheint, um was es überhaupt geht.

Von Beamtenschreck

http://www.spiegel.de/wirtschaft/unternehmen/gdl-chef-claus-weselsky-entschuldigt-sich-fuer-behinderten-vergleich-a-988909.html

Wie ich bereits anführte, war die Aussage anders gemeint als man versucht darzustellen, wie ich es auch selbst verstanden habe.. Herr Weselsky ist weder mein Freund, noch erhoffe ich mir irgendwelche Vergünstigungen und Entschuldigungen, solche nimmt man zur Kenntnis oder auch nicht.
Man sollte aber wirklich mal die Kirche im Dorf lassen und wenn man das Haar in der Suppe gern sucht, dann muss man aber auch richtig in die Suppe schauen und dort kann man einiges finden.



Von Lesebrille

Nachtrag: ich meinte mit dem missverständlichen Satz, dass die UN-Behindertenrechtskonvention ergebnis- und nicht absichtsorientiert ist.

Von Lesebrille

Gezielt or not gezielt, that's the question"... . Ist es relevant, ob die Diskriminierung gezielt gedacht war oder nicht? Nein. Vielleicht ist dieser Mann auch einfach strunzdumm. Aber auch das ist für mich egal.

Wir müssen endlich von der Absicht weg zum Ergebnis kommen, wenn wir Diskriminierung anprangern!! Es ist für mich irrelevant, ob der Mann diskriminieren wollte oder nicht: er tat es! Und zwar nicht zu knapp!!

Gerade diese Umkehrung des Diskriminierungsbegriffes ist aber die Grundlage dessen, was wir als Behindertenbewegung woll(t)en: nämlich die Möglichkeit zu haben, Diskriminierung anzuprangern, jenseits der Absicht. Beispiele gibt es viele.

Wenn sich aber die VerursacherInnen mit dem "Das habe ich doch gar nicht so gemeint!" herausreden können, stehen wir als grundlose AnklägerInnen da. Diskriminiert bleiben wir jedoch weiterhin.

Auch die UN-BRK hat dieses andere Verständnis für Diskriminierung.

Jenseits des Absichtsgedankens ist jedoch dieser Mann mit solchen Ansichten in einem öffentlichen Amt nicht tragbar. Zurücktreten! Jetzt!

Von Sabine Fichmann

Eine scharfe öffentliche Kritik der Bundesbehindertenbeauftragten würde ich mir auch auf die Anweisungen des BMAS in Bezug auf den Umgang mit der BSG-Entscheidung vom 23.07.2014 ( Rechtswidrigkeit der Regelbedarfstufe 3) wünschen!
Diese Anweisung lässt m. E. ebenfalls keinen anderer Schluss zu, dass man sich mit Händen und Füßen gegen eine Umsetzung der BSG-Entscheidung wehren und damit gezielt (wieder einmal) eine Gruppe von Menschen mit Behinderungen diskriminieren will!