Bundesteilhabegesetz darf nicht zum zahnlosen Tiger werden
Veröffentlicht am von Ottmar Miles-Paul

Bild: Rolf Barthel
Berlin (kobinet) Mit großer Sorge blickt die Bundesgeschäftsführerin der Interessenvertretung Selbstbestimmt Leben in Deutschland (ISL), Dr. Sigrid Arnade, auf die aktuellen Entwicklungen in Sachen Bundesteilhabegesetz. Einerseits habe Bundessozialministerin Andrea Nahles in Nürnberg zugesagt, dass das Gesetz 2016 verabschiedet wird. Andererseits zeichne sich ab, dass die Entlastung der Kommunen um fünf Milliarden Euro vom Bundesteilhabegesetz entkoppelt und dem Gesetz damit die entscheidenden Zähne gezogen werden.
"Wir sind zutiefst besorgt und verärgert, dass dem bisher äußerst engagiert und in weiten Bereichen vorbildlich beteiligungsorientiert gestalteten Prozess für die Schaffung des Bundesteilhabegesetzes nun die finanziellen und damit auch inhaltlichen Zähne gezogen werden. Während wir in der letzten Legislaturperiode damit hingehalten wurden, dass die Schaffung eines Bundesteilhabegesetzes mit der Entlastung der Kommunen um fünf Milliarden Euro in der nächsten Legislaturperiode gekoppelt werden soll, sieht nun plötzlich die Welt wieder ganz anders aus. Die Worte von gestern und die im Koalitionsvertrag verhandelten Ziele scheinen für die FinanzpolitikerInnen der Regierungskoalition heute nichts mehr wert zu sein. Diese wollen nun das Geld an die Kommunen verteilen, ohne dass deren Entlastung direkt mit längst überfälligen Reformen in der Eingliederungshilfe und der Gesetzgebung für behinderte Menschen verbunden werden. Das ist nicht nur ärgerlich, sondern auch ein Schlag ins Gesicht der SozialpolitikerInnen", erklärte Dr. Sigrid Arnade im Anschluss an die gestrige Sitzung der Arbeitsgruppe Bundesteilhabegesetz im Bundesministerium für Arbeit und Soziales.
Sollte die im Rahmen der Schaffung des Bundesteilhabegesetzes veranschlagte Entlastung der Kommunen durch den Bund von fünf Milliarden Euro beispielsweise in Form eines von der Eingliederungshilfe losgelösten allgemeinen Investitionsprogrammes fließen, gibt es nach Ansicht von Dr. Sigrid Arnade kaum mehr finanziellen Spielraum für die längst überfällige Stärkung der Selbstbestimmung und Teilhabe behinderter Menschen. Das Bundesteilhabegeld dürfte dann genauso schwer durchzusetzen sein, wie die Abschaffung der Anrechnung des Einkommens und Vermögens. Und ob die dringend nötige Öffnung der Türen aus den Sonderwelten für ein Leben mitten in der Gemeinde dann wirklich voran getrieben wird, bleibe auch fraglich.
"Aus dem geplanten großen Sprung könnte dann wieder einer der kleinen Hüpfer werden, mit denen wir in der Behindertenpolitik schon seit vielen Jahren abgespeist werden. Besonders im Vorfeld der Staatenprüfung durch die Vereinten Nationen in Sachen Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention fordern wir die VertreterInnen der Bundesregierung und die Abgeordneten der Regierungskoalition aus CDU/CSU und SPD auf, die Bindung der Entlastung der Kommunen im Rahmen des Bundesteilhabegesetzes sicher zu stellen", erklärte Dr. Sigrid Arnade von der ISL.
Von Beamtenschreck
Liebe Freunde und Leidensgefährten,
Zitat:
Von Krümel06
Freitag, 13. März 2015 18:02
Wenn alle Stricke reißen gründen wir eben eine Behindertenpartei.
So viel Stimmen wie die FDP, Piraten oder die AfD bekommen wir doch gemeinsam allemal hin.
Hallo Krümel06,
bestimmt würden wir bei den vielen behinderten Menschen Prozentual bei AfD und FDP mithalten können, was aber nicht heißen soll, dass wir allein mit einer Wahl etwas ausrichten könnten.
Die sich für mich ernsthaft stellende Frage wäre die, wer soll denn die Behinderten Partei anführen und wem könnte unser Vertrauen eine derartig schwierige Aufgabe ermöglichen? Also Bewerber gäbe es bestimmt viele, welche nach Macht und Ruhm sehr gern greifen würden, aber wären diese Personen auch für eine derartig große Aufgabe geeignet, wenn man den persönlichen Glanz ablegen sollte und dass zum Wohle aller behinderten Menschen? Da kommen bei mir schon die ersten Zweifel und die Zahl der in frage kommenden Personen, wird kleiner.
Mich hat noch nie die Zukunft interessiert und das Wunschdenken mancher die uns erzählen wollen, alles braucht seine Zeit und Geduld, wobei man aber auch den Eindruck bekommt, bei manchen sei die Uhr stehen geblieben, wenn man nach 42 Jahren noch solche Zustände hat, indem man weitere Jahre benötigt um endlich dem gerecht zu werden was man verspricht, sofern es nicht eine Täuschung war, denn lüge darf man nicht sagen, obwohl Politiker und andere gern flunkern.
der Beamtenschreck
Von Lesebrille
@krümel06: Echt? Wir ghettoisieren uns jetzt selbst und wollen dann was? Inklusion?? Das zu vermitteln könnte kompliziert werden... .
Von Krümel06
Wenn alle Stricke reißen gründen wir eben eine Behindertenpartei.
So viel Stimmen wie die FDP,Piraten oder die AfD bekommen wir doch gemeinsam allemal hin.
Von Sabine Fichmann
Zitat aus dem Artikel:
" Die Worte von gestern und die im Koalitionsvertrag verhandelten Ziele scheine für die FinanzpolitikerInnen der Regierungskoalition heute nichts mehr wert zu sein:"
So ist es- siehe Nichtumsetzung des BSG-Urteils vom 23.07.2014 zur Regelbedarfstufe 3- was stört mich mein Geschwätz ( Protest) von gestern......
Von lehmä
@ gerti
Hallo, gute Idee, jetzt aber ein Aber: die Kosten für Assistenz sind – wenn wir keine „Sklavenhaltung“ wollen - so teuer, dass dann der Lohn für die Beschäftigten in und außerhalb von Werkstätten so hoch sein wird, dass der „Rest“ dann auch nicht mehr für die Lebenshaltung reicht. – Hier sehe ich Zwickmühlen über Zwickmühlen, die lösen mag, wer sie lösen kann … Jedenfalls nicht auf die jetzt vorgeschlagene Form der Lösung des „zahnlosen Tigers“. Schlussfolgerung: Es bleibt alles, wie es ist … s. auch Aussitzen des BMAS in der Frage der Grundsicherung
Grüße
Von Gerti
P. S.:
Damit Menschen mit Behinderung in Werkstätten der Menschen mit Behinderung (WfBs) TATSÄCHLICH den Lohn aus Arbeit (auch die Anwesenheit in Fördergruppen in den Werkstätten der Menschen mit Behinderung zählt hierzu unabdingbar!) wirksam bei der Bezhalung der Assistenzkosten einsetzen können, muss der Lohn in den WfBs entschieden heraufgesetzt werden.
Anfangen kann man damit, die Außenarbeitsplätze von WfBs in Unternehmen als Unternehmensarbeitsplätze zu deklarieren und in die (vom Entlohnungssystem her) im Unternehmen vorhandenen Lohngruppen eingliedern.
Von Gerti
Frei zur Diskussion:
Wer Pflegegeld Pflegegeld der Stufen 2 und 3 bezieht, der / dem muss die rechtliche Voraussetzung gegeben sein, unbegrenzt hinzuzuverdienen. Der Verdienst ist zu definieren als Einkommen aus Arbeit in der Werkstatt für Menschen mit Behinderung, als Arbeitsbeschaffungsmaßnahme, als Arbeit in einem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis etc.
Neben der Arbeit wird das Vorhandensein der Behinderung mit einer monatlichen Rentenzahlung staatlicherseits abgegolten.
Ein unmissverständliches Signal an die nichtbehinderte, arbeitende Arbeitnehmer_innenschaft, im Krankheits- und Behindertendasein finanziell und sozial nicht schlecht abgesichert zu sein. Damit ist die Neidfaktion gezähmt.
Die Einkommen aus Pflegegeld und Rente müssen von den Schwerstbehinderten so eingesetzt werden, dass hieraus sich die Assistenzleistungen finanzieren lassen.